Zur normalen Fassung

Resurrektion der Natur

Das Eingedenken in die Natur als Subjekt

von Marcus Hawel (sopos)

»Die vergesellschaftete Menschheit im Bund mit einer ihr vermittelten Natur ist der Umbau der Welt zur Heimat.«
Ernst Bloch[1]

Prinzip Hoffnung

Im Jahr 1917 beendete Ernst Bloch in Locarno sein Werk Geist der Utopie, das gleichsam die Vorarbeit des im amerikanischen Exil (1938-1947) entstandenen Hauptwerks Das Prinzip Hoffnung ist. Damit ist der historische Kontext umrissen, in dessen Rahmen zu begreifen ist, welche Erfahrungen in das Blochsche Werk eingeschrieben sind: Es ist die Epoche des Untergangs der bürgerlichen Gesellschaft, der totalen Zerstörung durch zwei Weltkriege, des Faschismus, der barbarischen Massenvernichtung und des Neubeginns. Eric Hobsbawm nennt diese Epoche das Zeitalter der Extreme, in dem Nihilismus und Untergang neben Pathos und Revolution stehen.

Blochs Begriffe, die er entwirft, sind alle nach vorwärts gerichtet. Er orientiert sich nach dem »vordersten Abschnitt der Zeit«, den er »Front« nennt, weil dort das Neue latent sich anbahnt, dem zur Geburt verholfen und das sich durchkämpfen muss. Im unmittelbaren Zentrum dieser an Zukunft orientierten Welt steht der Begriff der konkreten Utopie und des antizipierenden Bewusstseins. Den utopischen Vorrat als Antizipation der Zukunft eines Noch-Nicht und dem »Träumen nach vorwärts« spürt Bloch in sämtlichen Überlieferungen und menschlichen Regungen auf: zum Beispiel in Tagträumen, Alltagshandlungen und Märchen. Er spricht vom Unabgegoltenen und von einem utopischen Überschuss im Menschen, das im gesellschaftlichen Sein nicht aufgeht (Nochnicht-Sein) und nach Realisierung, das heißt: über sich hinaus drängt.

Bloch ist der Tradition des westlichen Marxismus zuzuordnen. Das Verhältnis zur Natur ist für Bloch eines der wesentlichen neuralgischen Schnittstellen, wenn nicht der »archimedische Punkt« für eine humanisierte Welt.[2] Das gilt nicht nur für Bloch, sondern insgesamt für den westlichen Marxismus dieser Zeit – insbesondere auch für die kritische Theorie von Max Horkheimer und Theodor W. Adorno, zu der Bloch ein kritisch-solidarisches, zuweilen bissiges Konkurrenzverhältnis pflegte. Darum werde ich hier das Thema etwas großzügiger angehen, um zu zeigen, wo die Unterschiede und Gemeinsamkeiten liegen. Im wesentlichen kann man sagen, dass Bloch viel stärker die 11. Feuerbachthese von Marx verinnerlicht hat, wonach – in Blochs Worten – die Theorie der Schlüssel und die Praxis der Hebel ist,[3] um die Welt interpretierend zu verändern. In der kritischen Theorie Adornos und Horkheimers erhält man diese optimistische Gewissheit, die ins Gelingen verliebt ist, nicht. Im Gegenteil: Für Adorno ist nach Auschwitz die Theorie eher schon Schlüssel und Hebel zugleich, d.h. zwischen Theorie und Praxis existiert nunmehr ein gestörtes, von Skepsis erfülltes Verhältnis: kein Hebel nirgends und nur zuweilen ein abgebrochener Schlüssel mit einem nicht vollständig zu deutenden Hinweis, zu welchem Schloss das Schlüsselfragment gehört. – Bloch spöttelte in Bezug auf die Frankfurter, sie lebten in einem »Grandhotel Abgrund«.

Naturbeherrschung als Verhängnis

Der Mensch pflegt seit je ein ambivalentes Verhältnis zur Natur. »Die Idee des Menschen in der europäischen Geschichte«, schreiben Horkheimer und Adorno in der Dialektik der Aufklärung, »drückt sich in der Unterscheidung vom Tier aus«[4]. In dieser Abgrenzung zum Tier, mutatis mutandis zur Natur, kommt eine fatale Zivilisationsgeschichte zum Ausdruck, hinter der eine mörderische, instrumentelle Vernunft steht. Das Verhältnis zur Natur ist von Angst und Feindschaft bestimmt. Die Natur ist der Menschheit das Nicht-Begriffliche, das sie im Bann hält und ihre Existenz bedroht. Angst und Feindschaft schreiben sich in das westliche Zivilisationsparadigma und mithin in die Naturwissenschaften ein. In der Folge wird das westliche Fortschrittsdenken in Europa gegen die Natur in Anschlag gebracht. Auch Kant löst sich davon nicht. Bei Hegel kulminiert dieses Denken.

Natur – das war für Hegel das vom Geist Unberührte, Nicht-Begriffliche; es galt ihm als abstraktes, unmittelbares, nicht in sich reflektiertes Erscheinen überhaupt. Als solches stellte es die Unfreiheit des Geistes dar: das Böse als Stand des Tieres.[5] Komme Natur mit dem Geist in Berührung, werde sie durch den Begriff aufgehoben. Der Begriff der Natur sei die Freiheit von der Natur, weil nur der Begriff vom Naturzwang befreie. Wer die Natur begriffen habe, wisse sich vor ihr adäquat zu schützen.

Bloch resümiert in Bezug auf Hegels Naturbegriff: »Bei Hegel wird die Natur, ›ein bacchantischer Gott, der sich selbst nicht zügelt und fasst‹, durchaus bereits in der vorhandenen Geschichte gezügelt, gefasst und aufgehoben, dergestalt, dass in ihr keinerlei substantieller Rest bleibt.«[6]

Diese Form der inneren und äußeren Naturbeherrschung gerät bei Adorno, Horkheimer und Herbert Marcuse ins Zentrum ihrer kritischen Theorie. In der 1948 erschienenen Dialektik der Aufklärung formulieren Horkheimer und Adorno eine radikale Vernunftkritik und diagnostizieren ein grundlegendes Versagen der Aufklärung in der Moderne, dessen Ursprung in der Verstrickung mit instrumenteller Vernunft von Anbeginn angelegt gewesen sei. Die Vernunft sei nunmehr radikal instrumentell geworden; sie steht nicht im Dienste der Menschheit, sondern hat sich als Instrument der Herrschaft angedient, um die Natur des Menschen zu unterdrücken.

Auch wenn Bloch, Adorno, Horkheimer und Marcuse unterschiedliche Akzente setzen, stimmen sie in ihren Grundannahmen überein, dass Schutz ein Urphänomen von Herrschaft ist. Technik ist die Antwort auf das Bedürfnis nach Schutz, das der Mensch mit jedem Lebewesen teilt, aber er allein ist aufgrund seiner intelligiblen Fähigkeiten imstande, im Verhalten der Natur Gesetze zu erkennen und auf Basis des Wissens über die Natur Techniken zu entwickeln, um sich aus der Natur herauszunehmen. Technik und Naturwissenschaft haben mithin den Zweck der Beherrschung von Natur. Während die Technik das Mittel zur Unterwerfung ist, leitet die Naturwissenschaft als Herrschaftslogos die Technik an. Wer über sie verfügt, kann legitimen Anspruch auf Herrschaft erheben, insofern er mit ihrer Hilfe den Schutz aller oder wenigstens der Mehrheit garantieren kann. Denn Herrschaft beruht auf Anerkennung.

Naturwissenschaft und Technik sind allerdings keine neutralen Ansich-Begriffe. Sie fügen sich in das gesellschaftliche Ganze ein und werden bestimmt durch das Vergesellschaftungsprinzip, das vorherrschend ist. Im Kapitalismus haben sie eine dem Kapitalismus dienliche Aufgabe zu erfüllen. Das Primat des von Profit und Verwertung bestimmten Nutzens leitet sie an und macht aus ihnen eine bestimmte, d.h. kapitalistische Naturwissenschaft und Technik. Die Natur verkommt im kapitalistischen Verwertungssystem vollends zur Ausbeutungsressource, und der profitliche Nutzen kommt wenigen zugute, während allen zunehmend die natürlichen Lebensgrundlagen auf Dauer zerstört werden.

Die Zweckrationalität der Naturwissenschaft und Technik ist längst unter den Kategorien kapitalistischer Ausbeutung entfesselt, verselbständigt und radikal geworden. Die verabsolutierte instrumentelle Vernunft bedroht das Antlitz der Welt und offenbart ihre unermesslichen Destruktionspotentiale. Theodor W. Adorno beschreibt deshalb den Verlauf der Geschichte als ein Verhängnis, dessen Ausmaß von der Steinschleuder bis zur Megabombe reicht.[7]

Die destruktiven Energien, die der Mensch mit Hilfe der Technik freigesetzt hat, seien aber, so Marcuse, weder der Natur des Menschens noch der Technik anzulasten. Technik ist genauso wenig böse, wie sie gut ist. Es kommt darauf an, wie, von wem und für was sie eingesetzt wird. »Ist es immer noch nötig zu betonen«, fragt Marcuse, »dass nicht die Technologie, nicht die Technik und nicht die Maschine Hebel der Unterdrückung sind, sondern die ihnen innewohnende Gegenwart der Herren, die ihre Zahl, ihre Lebensdauer, ihre Macht, ihren Platz im Leben und das Bedürfnis nach ihnen bestimmt. Ist es immer noch nötig zu wiederholen, dass Wissenschaft und Technologie die großen Vehikel der Befreiung sind und dass es nur ihr Gebrauch und ihre Restriktion in der repressiven Gesellschaft sind, die sie zu einem Vehikel der Herrschaft machen.«[8]

Bloch allerdings vertritt im Gegensatz zu Marcuse die Ansicht, dass sich der herrschaftliche, kapitalistische Logos in die Technik charakterlich einschreibt: »Die bürgerliche Technik war insgesamt ein Überlister-Typ (...).«[9]

»Allianztechnik« und »hypothetisches Natursubjekt«

Wir müssen uns also fragen, wie wir uns eine unbeschwerte Welt und freie Gesellschaft vorstellen, die Gebrauch von der Technik als »Vehikel der Befreiung« macht, und was wir an der Technik verändern müssen, damit sie ihren Überlister-Typus abstreift. Bloch hat in diesem Kontext den Begriff der »konkreten Allianztechnik«[10] entfaltet, mit welchem Natur und Technik produktiv in ein harmonisches Miteinander-Verhältnis gesetzt werden. Der Begriff ist konkrete Utopie. Denn im Kapitalismus steht der Umgang mit der Natur noch unter dem Zwang des Profitprinzips. Aber auch im Staatssozialismus ist die Natur eine reine Ausbeutungsressource gewesen.[11] Unter diesen herrschenden Bedingungen lässt sich kaum ein harmonischer Naturbezug zurückgewinnen: »Erfindung hat erst dann wieder wirkliche Utopie im Leibe, wenn Bedarfswirtschaft statt Profitwirtschaft betrieben wird. Wenn endlich das Gesetz des Sozialismus: maximale Bedarfsdeckung auf dem Stand der höchsten Technik, das Gesetz des Kapitalismus: maximalen Profit, abgelöst hat. Wenn der Konsum imstande ist, alle Produkte aufzunehmen, und die Technik, ohne Rücksicht auf Risiko und private Rentabilität, wieder zur Kühnheit, ohne alle imperialistisch beförderte Dämonie, beauftragt wird.«[12]

Allianztechnik ist das Resultat eines von Grund auf geänderten Verhältnisses des Menschen zur Natur. Es geht darum, die Natur in ihrer Seinsweise zu achten, ihre Gesetzmäßigkeiten zu respektieren, sie vor allem nicht als abgeschlossen – als natura naturata – zu betrachten, sondern als sich stets verändernd Produzierende (natura naturans). Wir müssen also eine Technik entwickeln, die diese Seinsweise der Natur und ihre Gesetzmäßigkeiten nicht nur bewahrt und nicht zerstört, sondern die sich auf die stetige gestalterische Veränderung (»Mitproduktivität der Natur«[13]) einstellen kann, die gleichsam sich selbst wandeln kann: »Technik ohne Vergewaltigung«[14]. Bloch fügt hinzu: »Marxismus der Technik, wenn er einmal durchdacht sein wird, ist keine Philanthropie für misshandelte Metalle, wohl aber das Ende der naiven Übertragung des Ausbeuter- und Tierbändigerstandpunktes auf die Natur.«[15] Und: »Die endgültig manifestierte Natur liegt nicht anders wie die endgültig manifestierte Geschichte im Horizont der Zukunft, und nur auf diesen Horizont laufen auch die künftig wohlerwartbaren Vermittlungskategorien konkreter Technik zu. Je mehr gerade statt der äußerlichen eine Allianztechnik möglich werden sollte, eine mit der Mitproduktivität der Natur vermittelte, desto sicherer werden die Bildekräfte einer gefrorenen Natur erneut freigesetzt. Natur ist kein Vorbei, sondern der noch gar nicht geräumte Bauplatz, das noch gar nicht adäquat vorhandene Bauzeug für das noch gar nicht adäquat vorhandene menschliche Haus[16]

Solche Allianztechnik kann sich aber erst realisieren, wenn die Gesellschaften von ihren kapitalistischen Zwängen befreit sind, so dass die Menschheit imstande ist, Gegenwart und Zukunft frei und vernünftig zu gestalten. In Blochs Worten: »erst wenn das Subjekt der Geschichte: der arbeitende Mensch, sich als Hersteller der Geschichte erfasst, folglich das Schicksal in der Geschichte aufgehoben hat, könnte er auch dem Produktionsherd in der Naturwelt näher treten[17]

Konkret ist diese Utopie der Allianztechnik, weil ihre Realisierung nicht erst mit einer Revolution beginnt. Sie beginnt bereits mit einer sensibilisierten Betrachtungsweise, in der die Natur gleichsam als ein »hypothetisches Subjekt«[18] wahrgenommen wird und wir in uns selbst das Naturhafte wieder entdecken und auferstehen lassen (»Resurrektion der Natur«[19]).

Diese beiden Sichtweisen sind dialektisch bedingt. Denn die Natur kann selbst dem »Verhängnis nicht durch Erkennen Einhalt gebieten«[20]. Die Natur ist begriffslos. Sie kann nicht zu Bewusstsein gelangen, ohne sich von sich selbst zu entfremden, d.h. gleichsam sich von Natur entgegenzusetzen. Die Natur ist kein handelndes Subjekt, so dass sie sich selbst befreien könnte. Sie kann mithin nur befreit werden. Horkheimer hatte zwar von der »Revolte der Natur« gesprochen. Damit meinte er aber eine unbewusste ressentimentgeladene Revolte der unterdrückten Leidenschaften des Vernunftwesens Mensch, die in die Barbarei führt.[21]

Wenn wir die Identität von Mensch und Natur im Bewusstsein (wieder) herstellen, werden wir imstande sein, mit Natur anders umzugehen. Das impliziert also diese beiden dialektisch bedingten Sichtweisen: Das »Eingedenken der Natur im Subjekt« (Horkheimer/Adorno) sowie das Eingedenken des Subjekts in der Natur (Bloch). Man kann das durchaus als erweiterten kategorischen Imperativ mit und gegen Kant auch moralisch formulieren: Wir müssen nicht nur die Menschheit in der Person achten, sondern allgemein das Leben als Identität von Natur und Kultur.

Vernichtungsfähigkeit und Prinzip Verantwortung

In die Richtung einer neuen notwendigen Ethik argumentiert Hans Jonas im 1979 erschienenen Das Prinzip Verantwortung. Er rückt Verantwortung ins Zentrum dieser neuen Ethik, da »die Verheißung der modernen Technik in Drohung umgeschlagen ist«[22]. Jonas schreibt: »Die dem Menschenglück zugedachte Unterwerfung der Natur hat im Übermaß ihres Erfolges, der sich nun auch auf die Natur des Menschen selbst erstreckt, zur größten Herausforderung geführt, die je dem menschlichen Sein aus eigenem Tun erwachsen ist.«[23] Für die Begründung einer Ethik der kausalen Reichweite in die Zukunft, also einer Ethik, die Verantwortung ins Zentrum rückt, stellt er die radikale Frage, die es zu beantworten gilt: »warum überhaupt Menschen in der Welt sein sollen: warum also der unbedingte Imperativ gilt, ihre Existenz für die Zukunft zu sichern.«[24]

Jonas argumentiert im Gegensatz zu Bloch defensiv, gleichsam konservativ, sachlich, weder melancholisch noch pathetisch. Er kritisiert Blochs »marxistischen Utopismus« als Wagnis und »säkularisierte Eschatologie«[25]. Während Bloch gerade die schöpferische Kraft einer unterdrückten Utopie-Kraftquelle freilegt und dabei sehr optimistisch, geradezu ontologisch vorgeht, präsentiert sich Jonas realistischer, mit leichtem Hang zum Pessimismus: »Furcht und Ehrfurcht gebieten: dem Menschen in der verbleibenden Zweideutigkeit seiner Freiheit, die keine Änderung der Umstände je aufheben kann, die Unversehrtheit seiner Welt und seines Wesens gegen die Übergriffe seiner Macht zu bewahren.«[26] Haben wir es also in ökologischer Hinsicht mit dem Ende des utopischen Zeitalters zu tun?

Wir müssen uns allerdings auch weiterhin darüber im Klaren werden, dass es allgemein um unser Verhältnis zur Natur, zum Leben geht, von dem wir uns selbst zu emanzipieren haben, weil wir darin eine ungeheuerliche Destruktionskraft entdecken, die uns selbst die Existenzgrundlage entzieht. Einhegung und Bändigung durch Verantwortungsethik ist zu wenig. Wir müssen uns von unserem destruktiven Umgang mit der Natur befreien, und dieser Befreiung steckt der Kapitalismus wie ein Fahl im Fleische. Dennoch ist Jonas Kritik am Machbarkeitswahn richtig: Nicht alles, was wir können, dürfen oder sollten wir auch tun. Bloch etwa – radikal kritisch gegenüber der kapitalistischen Technik, die wie eine »Besatzungsarmee im Feindesland«[27] stehe und die Natur ausbeute – wird euphorisch mit Blick auf die Möglichkeiten derselben Technik im Dienste des Sozialismus; er ist scheinbar bereit, »das äußerste Wagnis der Technologie [zu] versuchen, um«, wie Jonas kritisiert, »entweder höchsten Segen oder höchste Katastrophe zu ernten«[28].

Zu hart sollte man mit folgender euphorischer Entgleisung im Blochschen Werk allerdings nicht ins Gericht gehen, wenn Bloch mit Hilfe der Atomenergie Wüste in Fruchtland zu verwandeln gedenkt: »Wie die Kettenreaktion auf der Sonne uns Wärme, Licht und Leben bringen, so schafft die Atomenergie, in anderer Maschine als der der Bombe, in der blauen Atmosphäre des Friedens, aus Wüste Fruchtland, aus Eis Frühling. Einige hundert Pfund Uranium und Thorium würden ausreichen, die Sahara und die Wüste Gobi verschwinden zu lassen, Sibirien und Nordkanada, Grönland und die Antarktis zur Riviera zu verwandeln. Sie würden ausreichen, um der Menschheit die Energie, die sonst in Millionen von Arbeitsstunden gewonnen werden müssten, in schmalen Büchsen, höchst konzentriert, zum Gebrauch fertig darzubieten.«[29]

Wir müssen Bloch zugestehen, dass er Tschernobyl nicht mehr erlebt hat und dass er vermutlich seine Ansichten zur Atomkraft, d.h. einer Technik, die wir nicht beherrschen können, weil sie so viele unkalkulierbare Risiken und Potentiale der Selbstvernichtung in sich bürgt, revidiert hätte. Jonas formuliert eine scharfe Kritik am Marxismus und stellt den Blochschen Utopismus als avanciertesten Protagonisten heraus: »die eine schon existierende Ethik mit globaler Zukunftssicht, der Marxismus, hat eben im Bunde mit der Technik die Utopie zum ausdrücklichen Ziel erhoben. Dies nötigt zu einer eingehenden Kritik des utopischen Ideals. Da es älteste Menschheitsträume für sich hat und nun in der Technik auch die Mittel zu besitzen scheint, den Traum in ein Unternehmen umzusetzen, ist der vormals müßige Utopismus zur gefährlichsten – gerade weil idealistischen – Versuchung der heutigen Menschheit geworden.«[30] Diese Kritik trifft aber vor allem auf den so genannten real existierenden Sozialismus zu.[31] Blochs Einlassungen zur Atomkraft passen selbst nicht zu seiner Technikkritik, seinem Naturbegriff und seinen utopischen Begriff der Allianztechnik.

Jonas »Heuristik der Furcht«[32], welche eine defensive Ethik der Ehrfurcht und Verantwortung auf den Plan ruft, korrespondiert durchaus mit zentralen Blochschen Überlegungen. Horkheimer und Adorno sind allerdings in gewisser Hinsicht viel näher an Jonas Gedanken. Sie hatten im Gegensatz zu Bloch zur Technik nur kritisches zu schreiben und eine anti-euphorische, d.h. pessimistische Einstellung eingenommen. Allerdings für den Preis der Retrospektive, die melancholisch in die Zukunft verlängert wird, während Blochs Blickrichtung nach vorne gerichtet ist (»antizipierendes Bewusstsein«, »Dämmerung nach vorwärts«, »Noch-Nicht-Bewußtsein«[33]). Horkheimer und Adorno formulieren statt dessen: »Eine philosophische Konstruktion der Weltgeschichte hätte zu zeigen, wie sich trotz aller Umwege und Widerstände die konsequente Naturherrschaft immer entschiedener durchsetzt und alles Innermenschliche integriert. (...) Soviel ist in der Tat am Anthropomorphismus richtig, dass die Naturgeschichte gleichsam mit dem glücklichen Wurf, der ihr im Menschen gelungen ist, nicht gerechnet hat. Seine Vernichtungsfähigkeit verspricht so groß zu werden, dass – wenn diese Art sich einmal erschöpft hat – tabula rasa gemacht ist. Entweder zerfleischt sie sich selbst, oder sie reißt die gesamte Fauna und Flora der Erde mit hinab, und wenn die Erde dann noch jung genug ist, muss – um ein berühmtes Wort zu variieren – auf einer viel tieferen Stufe die ganze Chose noch einmal anfangen.«[34]

Konkrete Empfehlungen für eine Ethik und Praxis, die das drohende Verhängnis abwendet, sucht man bei Horkheimer und Adorno vergeblich. Man findet sie statt dessen – in ihrer je eigentypischen Form mit einem Überhang an Idealismus – bei Bloch und Jonas.[35]

Ökonomie als Komplize

Am Prinzip Hoffnung können wir uns erwärmen und Kraft schöpfen. Am Prinzip Verantwortung können wir uns gegenseitig ermahnen und mäßigen. Aber was müsste geschehen, damit dem Prinzip der Vernichtung, das sich als Selbstvernichtung geriert, Einhalt geboten wird, wenn der bloße Appell an die Vernunft verhallt und die Insurrektion der Natur oder die Revolution der Menschheit ewig auf sich warten lassen?

Vielleicht zu Recht kritisiert Jonas am »Prinzip Hoffnung«, dass es von Bloch falsch adressiert sei, da es »Sache einer Splitter-Elite radikaler Idealisten aus den privilegierten Schichten geworden ist und ironischerweise innerhalb der Gesamtgesellschaft den geringsten Widerhall bei den gemeinten Objekten ihrer Mission findet«[36] Die »Verdammten dieser Erde« befinden sich heute als Gesamtheit einer Bevölkerung in der Peripherie des Südens. – Als Basistext für die Verdammten der Peripherie taugt allerdings Blochs Werk weniger. Es fehlt heute ein solcher Basistext, wenn man es auf eine Insurrektion anlegt. Das könnte bereits eine erweiterte Neuauflage von Frantz Fanons Buch Die Verdammten dieser Erde sein. An der Peripherie kommt alles zusammen: Die größte Armut als Erbschaft des Kolonialismus und das größte Ausmaß der Umweltzerstörung. Jonas erkennt frühzeitig die Gefahr einer Koalition der »aufständischen Armutsvölker«[37], aus der »neuartige Formen von internationalem Terrorismus (ohne feststellbare nationale Verantwortlichkeit) zur Erpressung wirtschaftlicher Tribute von den Überfluss- an die Mangelländer«[38] hervorgehen könnte.

Wenn die Befreiungspraxis von durchschlagendem Erfolg sein soll, bedarf es also entweder einer Insurrektion der »Verdammten dieser Erde«, die von der Peripherie ins Zentrum gelangt, oder einer Transformation des Kapitalismus, die sich konzentrisch vom Zentrum in die Peripherie ausbreitet und von einem existentiellen egoistischen Interesse für die gesamte Menschheit getragen wird, dem sich die ökonomische Rationalität (Vernunft) nicht verschließen kann.

Letzteres führt zu einem Zusammenhang, in dem in der höchsten Not die Ökonomie zu einem mächtigen und rettenden Komplizen werden kann. »Wenn die Not am höchsten ist, ist die Rettung am nächsten«, heißt es bei Bertolt Brecht. Dass humane Ideen nur wirkmächtig werden können, wenn die Macht, Gewalt, Ökonomie mit ihnen ist, ist das »Verhängnis, das Vernunft allein nicht wenden kann«[39]. – Das Verhängnis besteht darin, dass die Idee, die (kapitalistische) Ökonomie und Gewalt sei Schuld am Zusammenhang und müsse demzufolge überwunden werden, nicht oder jedenfalls noch lange nicht in eben dieser Ökonomie ihren Komplizen (movens) zur Durchsetzung findet. Der Kapitalismus erweist sich als hartnäckiges Stehaufmännchen und integrierte noch jede Idee, auch die seiner Abschaffung, in sein System und stutzte ihr die Flügel.

»Indem Geschichtsphilosophie die humanen Ideen als wirkende Mächte in die Geschichte selbst verlegte und diese mit deren Triumph endigen ließ, wurden sie der Arglosigkeit beraubt, die zu ihrem Inhalt gehört. Der Hohn, dass sie sich immer blamiert hätten, wenn die Ökonomie, das heißt, die Gewalt nicht mit ihnen war, ist der Hohn gegenüber allem Schwachen (...).«[40] Der Arglosigkeit ist wieder zu ihrem Recht zu verhelfen, – aber ohne dem Utopismus das Wort zu reden. Theorie hat keinen Anlass, resignativ oder nihilistisch zu sein. Man tut auch der Macht Unrecht, wenn man sie einseitig mit einseitiger Vernunft beurteilt.[41] Das Gute, das die Macht schafft, darf nicht unterschlagen werden.

Berechnung ist zur zweiten Natur des Menschen geworden. Der Menschheit werden im Zuge der »Nachhaltigkeit« Rechnungen präsentiert, die allerdings nicht so offenherzig ausfallen wie noch bei Lothar Zenetti, einem deutschen Theologen und Schriftsteller,[42] sondern radikal buchhalterisch: Die Schäden an der Natur werden zunehmend in Wirtschaftsbilanzen einbezogen, d.h. die Kosten für die Wiederinstandsetzung zerstörter Natur gegengerechnet. Das trübt massiv die kapitalistische Bilanz.

Solche erweiterte Grundlage der nachhaltigen Berechnung scheint sich im Bewusstsein der Krise durchzusetzen, wie man etwa an den Rechnungen des CO2-Ausstoßes erkennen kann. Man beginnt jedenfalls in die ökonomische Buchhaltung ökologische Fragen einzubeziehen und im gleichen Atemzuge allerdings ökologische Fragen der so genannten Nachhaltigkeit radikal buchhalterisch zu beantworten. Das alles ist noch systemimmanent, d.h. auf der Grundlage der kapitalistischen Ausbeutungslogik und deshalb dem Verhängnis noch nicht entronnen. Es muss sich erst noch zeigen, inwieweit auf diese Weise in Zeiten höchster Not sich ein qualitativer Sprung im Umgang mit der Natur anbahnt, der sich als das Rettende erweist.

Elmar Altvater scheint allerdings etwas zuversichtlicher zu sein. In seinem Buch Das Ende des Kapitalismus, wie wir ihn kennen, zeigt er auf, dass die Dynamik der modernen, kapitalistischen Gesellschaften unter anderem durch die bisher ungehemmte ursprüngliche Ausbeutung der Natur, insbesondere der fossilen Energien bestimmt ist. Dass nun diese fossilen Energien begrenzt sind, komme nunmehr zu Bewusstsein. Dieser »äußere Anstoß von besonderer Heftigkeit« führe dazu, dass über glaubwürdige Alternativen nachgedacht wird und diese sogar Gehör finden. So gerate zwar nicht der Kapitalismus insgesamt, aber zumindest derjenige, den wir kennen, an sein Ende. Ein Paradigmenwechsel im Umgang mit der Natur sei unausweichlich.[43] – Die Ökonomie wäre in diesem Fall auf der Seite einer humanen Idee der »Nachhaltigkeit«. Inwieweit sich hier allerdings eine grundlegende Änderung im Verhältnis Mensch-Natur anbahnt, bleibt fraglich, wenn damit nicht auch ein Ende des Kapitalismus überhaupt eingeleitet wäre.

Der Paradigmenwechsel wäre aber schon ein Fortschritt, wenn durch ihn wir uns von der Prämisse der Naturbeherrschung verabschieden und der Frage zuwenden, wie wir unsere produktiven und destruktiven Verhältnisse im Umgang mit der Natur kontrollieren können. Das muss Ziel menschlicher Emanzipation sein.[44]

Wenn auch die Realisierung humaner Ideen davon abhängt, dass die Ökonomie mit ihnen ist, so heißt das keineswegs, dass emanzipative Praxis damit hinfällig wird oder sich resignativ verhalten – oder gar kapitalistische Ökonomie affirmieren müsste. Geschichte wird von Menschen, nicht vermöge eines immanenten Gesetzes oder durch den Weltgeist gemacht. Es bedarf der Empörung und des Anstoßes.

Postskriptum

Anstöße für eine emanzipative Praxis können etwa seitens der indigenen Völker auf dem lateinamerikanischen Kontinent erhalten werden und zu einer »solidarischen Ökonomie« führen. Dabei kann es nicht darum gehen, in der westlichen Zivilisation den weitgehend noch intakten Naturbezug der Indigenen zu übernehmen. Das wäre schlechterdings nicht möglich und entspräche naiven Vorstellungen eines romantisierten »Zurück zur Natur«. Die westliche Zivilisation hat anders als die indigenen Völker naturreligiösen Animismus und Naturmystizismus hinter sich gelassen und kann nicht, ohne einen großen Preis dafür zu zahlen, dahinter zurück. Der Fortschritt der westlichen, säkularisierten Zivilisation beruht auf einer Trennung von Subjekt und Objekt (Kultur und Natur, Ich und Welt, Ratio und Emotio usw.). Wenn auch diese Trennung im Ergebnis dazu geführt hat, dass die westliche Zivilisation ihren gesellschaftlichen Naturbezug verloren hat und in ein ausbeuterisches und feindliches Verhältnis zur Natur übergegangen ist, so liegt in dieser Trennung für uns auch der Verlauf des Fortschritts begründet. Allerdings ist es unübersehbar für den Fortbestand dieser Welt notwendig geworden, dass die westliche Zivilisation ihren gesellschaftlichen Naturbezug wieder zurückerlangt. Ansonsten ist der Preis, den die Menschheit zu zahlen hat noch verheerender, als wenn sie der fortgeschrittenen Zivilisation komplett entsagt. Negatives »antizipierendes Bewusstsein« vermag vorauszusehen, in welche Katastrophe ungeahnten Ausmaßes wir noch geraten werden, wenn wir die Einbahnstraße der Zivilisationsentwicklung nicht verlassen. Von den indigenen Völkern an der Peripherie können wir lernen, wie man schonend und ehrfürchtig mit Natur umgeht. Es gibt hierzu keine Alternative.

Aus westlicher Perspektive geht es um die Wiederzusammenführung von Subjekt und Objekt als einer dialektischen Einheit: als Identität von Identität und Nicht-Identität. Mit anderen Worten: Wir müssen wissen, dass die Trennung von Subjekt und Objekt beide als beschädigte Bereiche zurückgelassen hat und dass diese Trennung für uns unwiderrufbar ist. Wenn wir aber hypothetisch die Natur als Subjekt annehmen, statt als Objekt zu behandeln, können wir den schonenden und ehrfürchtigen Umgang mit der Natur von den Indigenen übernehmen und müssen nicht zugleich auf die positiven Errungenschaften der westlichen Zivilisation, die auf der Trennung von Subjekt und Objekt beruhen, verzichten. So wäre es auch nur möglich, eine »Allianztechnik« im Sinne Blochs und eine solidarische Ökonomie weltweit zu verwirklichen.

Für die Indigenen stellt sich die Perspektive etwas anders da: Ihnen steht womöglich die Trennung von Subjekt und Objekt, gleichsam der Verlust ihres Naturbezugs erst noch bevor. Als Konfrontation nehmen sie das westliche Zivilisationsparadigma wahr, das sich konzentrisch in der Welt ausgebreitet hat und die indigene Lebensweise an die Peripherie der Peripherie gedrängt hat. Dort erweisen sie sich als Schutzpatrone der planetarischen Umwelt, weil die Natur die Lebensweise der Indigenen schützt. Das Zivilisationsparadigma des Westens ist aber aggressiv und imperialistisch. Indigene Völker sind vor die Frage gestellt, ob und wie sie ihren Naturbezug und damit sich selbst behaupten können. Wo die Trennung von Subjekt und Objekt nicht stattgefunden hat, muss sie auch nicht als eine dialektische Einheit wieder zusammengefügt werden.

Blochs »Prinzip Hoffnung« endet mit Heimat. Als Heimat bezeichnet Bloch die gelungene dialektische Einheit von Subjekt und Objekt, zu der in diesem Kontext auch die Auflösung von Peripherie und Zentrum gehört, damit die Welt zur Heimat der Menschheit sowie einer wieder auferstandenen Natur werden kann.

Anmerkungen:

[1] Ernst Bloch: Das Prinzip Hoffnung, 1. Bd., Frankfurt am Main 1959, S. 334.

[2] Vgl. ebd., S. 333.

[3] Vgl. ebd.

[4] Max Horkheimer, Theodor W. Adorno: Dialektik der Aufklärung, Frankfurt am Main 1969, S. 262.

[5] Vgl. G.W.F. Hegel: Vorlesungen über die Philosophie der Religion, Bd. II, Werke Bd. 17, Frankfurt am Main 1969, S. 253.

[6] Bloch, a.a.O., S. 806.

[7] Vgl. Theodor W. Adorno: Negative Dialektik, Frankfurt am Main 1966, S. 314.

[8] Herbert Marcuse: Versuch über die Befreiung, Frankfurt am Main 1969, S. 28.

[9] Bloch, a.a.O., S. 784.

[10] Vgl. ebd., S. 802ff.

[11] Vgl. Joachim Perels: »Demokratie und Ökologie – Theoretische und historische Bemerkungen«, in: Gert Gröning, Joachim Wolschke-Bulmahn (Hg.): Naturschutz und Demokratie?, München 2006, S. 43-49.

[12] Bloch, a.a.O., S. 771.

[13] Ebd., S. 805.

[14] Ebd., S. 807.

[15] Ebd., S. 813.

[16] Ebd., S. 807.

[17] Ebd.

[18] Ebd., S. 807.

[19] Vgl. Karl Marx: Ökonomisch-philosophische Manuskripte.

[20] Horkheimer, Adorno: Dialektik der Aufklärung, a.a.O., Aph.: Mensch und Tier, S. 263f.

[21] Vgl. Max Horkheimer: Zur Kritik der instrumentellen Vernunft, Frankfurt am Main 1985, S. 93ff.

[22] Hans Jonas: Das Prinzip Verantwortung. Versuch einer Ethik für die technologische Zivilisation, Frankfurt am Main 1984, S. 7.

[23] Ebd.

[24] Ebd., S. 8.

[25] Ebd., S. 313.

[26] Ebd., S. 9.

[27] Bloch, a.a.O., S. 814.

[28] Jonas, a.a.O., S. 324.

[29] Bloch, a.a.O., S. 775.

[30] Jonas, a.a.O., S. 9.

[31] Vgl., Perels, a.a.O.

[32] Jonas, a.a.O., S. 8.

[33] Bloch, a.a.O., Bd. 1, S. 129ff. – Das Noch-Nicht-Bewusste ist von Jetztzeit erfüllte antizipierte Zukunft, während das Unbewusste verdrängte Vergangenheit ist.

[34] Horkheimer, Adorno: Dialektik der Aufklärung, a.a.O., S. 235f.

[35] Die Apostrophierung als idealistisch grenze ich allerdings entschieden von der Kritik von Helmut Schelsky ab, der den szientifisch-technischen Naturbegriff mit dem Argument des »Zwangs der Sachgesetzlichkeiten« verteidigt. So besehen erscheinen dann die »Hoffnungen Blochs« als Träumerei, die an den realen Zwängen vorbeigeht. Idealistisch versteht sich das Prinzip Hoffnung vielmehr von selbst, da Hoffnung eine Geisteskraft ist, die erst zur materiellen Gewalt wird, wenn sie von den Massen ergriffen wird. Darauf zu hoffen, ist auch meine Herzensangelegenheit. Hier allerdings hat Jonas recht, wenn er feststellt, dass die arbeitenden Klassen des Westens »weithin zu Kandidaten für die Revolution ungeeignet gemacht [sind].« – Jonas, a.a.O., S. 318. – Jonas schreibt ferner: »Mangels unterdrückter Klasse findet die Revolution nicht statt.« – Ebd. – Allerdings ist auch das Prinzip Verantwortung ohne materielle Basis ein hoffnungsloser Appell an das Verantwortungsbewusstsein und die Vernunft von Menschen, die unter dem kapitalistischen Primat zu betriebswirtschaftlich rationalem, aber vom Ganzen her betrachtet unvernünftigen Verhalten gezwungen sind.

[36] Jonas, a.a.O., S. 318.

[37] Ebd., S. 321.

[38] Ebd.

[39] Horkheimer / Adorno: Dialektik der Aufklärung, a.a.O., S. 237.

[40] Ebd., S. 236.

[41] Vgl. ebd., S. 229.

[42] »Einmal wird uns gewiss die Rechnung präsentiert / für den Sonnenschein und das Rauschen der Blätter, / die sanften Maiglöckchen und die dunklen Tannen, / für den Schnee und den Wind, den Vogelflug und das Gras / und die Schmetterlinge, für die Luft, die wir geatmet haben / und den Blick auf die Sterne und für alle die Tage, / die Abende und die Nächte. // Einmal wird es Zeit, dass wir aufbrechen und bezahlen, / bitte die Rechnung. / Doch wir haben sie ohne den Wirt gemacht: / Ich habe Euch eingeladen, sagt der und lacht, / soweit die Erde reicht: Es war mir ein Vergnügen!« - L. Zenetti: »Einmal«, in: Sieben Farben hat das Licht (1975), S. 293.

[43] Vgl. Elmar Altvater: Das Ende des Kapitalismus wie wir ihn kennen. Eine radikale Kapitalismuskritik, Münster 2005.

[44] Vgl. Christoph Görg: »Kein Kommunismus jenseits der Natur«, in: Marcus Hawel, Gregor Kritidis (Hg.): Aufschrei der Utopie. Möglichkeiten einer anderen Welt, Hannover 2006, S. 208-223.

Dr. Marcus Hawel ist Mitherausgeber der sopos und Referent im Studienwerk der Rosa Luxemburg Stiftung.
Dieser Beitrag erschein zuerst in dem Sammelband von Heidi Feldt und Clarita Müller-Plantenberg (Hg.): Gesellschaftliche Bündnisse zur Rückgewinnung des Naturbezuges. 20 Jahre Klimabündnis, Reihe: Entwicklungsperspektiven Nr. 99, Kassel 2010, S. 35-46.

Zur normalen Fassung


https://sopos.org/aufsaetze/4cf047021845b/1.phtml

sopos 11/2010