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Deutschlands "neue" Afrikapolitik

China und Indien in die Schranken weisen sowie Rohstoff- und Ressourcensicherheit gewährleisten

von Torben Ehlers

"Einige Schwachpunkte in den Papieren konnten auf die Unsicherheit zurückgeführt werden, mit wem oder was man es eigentlich zu tun hat. (...) Es spricht viel dafür, dass die relative Bedeutung Afrikas für die deutsche Außenpolitik in den nächsten Jahren - von niedrigem Niveau ausgehend - zumindest leicht steigen wird".
Andreas Mehler, BpB, 2007

"...erschreckend, daß es sich hier wirklich um Menschen handeln könnte..."
Joseph Conrad, Herz der Finsternis, 1902

Dank EU-Ratspräsidentschaft und G8-Vorsitz kann Deutschland sich wirtschaftlich in Afrika neu positionieren. Bestehende ökonomische Abhängigkeiten sind sprachlich multilateral für das 21. Jahrhundert neu verkleidet worden, und die politischen Forderungen der Bundesrepublik im Einklang mit starken industriellen Staatenverbunden des Westens werden die "neuen Hausaufgaben der Zukunft" der lokal-afrikanischen Eliten des vergessenen Kontinents.

Am 2. März 2007 wurde im Bundestag über Deutschlands "neue" Afrikapolitik debattiert (seit Jahren gab es dazu keine Debatte mehr).[1] Abgesehen von den nicht einmal zu 15 Prozent anwesenden Bundestagsmitgliedern stellten alle Fraktionen des Parlaments ihre Positionen dar, wie Afrika als "Partner " Deutschlands ("African Ownership"), der Europäischen Union ("Partnership for Africa"), der G8- Staaten ("Veränderungen im Gleichgewicht der Kräfte") und der Weltgemeinschaft (im Sinne der WB, des IMF und der Generalversammlung der UN) neue Bedeutung erlangen soll. Hintergrund für jene sogenannte "neue" Afrikapolitik, der sich alle Parteien gerade jetzt widmen, ist sicherlich der Gremien-Vorsitz Deutschlands 2007 in zwei der mächtigsten Vereinigungen der Welt und die somit von sich selbst wieder einmal weltweit definierte Schlüsselpositionierung im politischen Mulilateralismus. Seit der sogenannten "Stabsübernahme" der EU-Ratsführung und der gleichzeitigen Präsidentschaft Deutschlands im G8-Gremium (beide 1. Januar 2007) musste die rot-schwarze Bundesregierung notgedrungen das politische Augenmerk verstärkt auf Afrika lenken, um die wirtschaftspolitischen Chancen zu nutzen, sich vor allem gegenüber China und Indien auf afrikanischem Boden neu zu formieren.

Dabei geht es nicht um den Aufbau von selbsterhaltenden Infrastrukturmaßnahmen vor Ort, die Förderung von Minderheiten- und Menschenrechten oder den Ausbau an basisdemokratischen Strukturen zur autonomen Subsistenzsicherung und deren menschenwürdige Erhaltung. Es geht primär um die Formulierung handelspolitischer Zusammenarbeit auf staatlicher Ebene und deren definitorischer Zielumsetzung für einen Großteil des Westens. Zwei Punkte der sogenannten "neuen" deutschen Afrikapolitik fallen besonders ins Gewicht: erstens, dass Afrika für deutsche Investitionen interessanter, als bisher angenommen erscheint, weil Deutschland in den nächsten Jahren auf Rohstofflieferungen wie Öl, Coltahn oder Kobalt aus Afrika angewiesen ist und, zweitens, dass Staaten wie China, Indien, der Iran oder Nordkorea seit einigen Jahren massive Präsenz auf dem Kontinent (z.B. Mosambik, Simbabwe oder Kongo- Brazzaville) zeigen, verbunden mit einer "all-inclusive-Menatlität", die jegliche Mindeststandards menschlicher Arbeit und Lebensunterstützung unterlaufen - diesen Staaten dadurch jedoch Geld in die leeren Staatskassen eingespielt wird und Abhängigkeiten jenseits des Westens entstehen lassen. Gerade für Deutschland geht es nicht um die Öffnung der europäischen Märkte für Produkte aus Afrika (die Zollschranken bleiben bestehen), sondern um eine Verstärkung der Ausbeutung afrikanischer Rohstoffe, die die westlichen Industriewirtschaften gegenüber anderen Lieferregionen dringend benötigen, sich in Afrika jedoch mit geringeren Machtpositionen auseinander zu setzen haben (im Vergleich bspw. zur OPEC oder gegenüber Russland). Somit bleibt das seit dem Kolonialismus bestehende Abhängigkeitsverhältnis (Aneignung von Rohmaterialien aus den afrikanischen Gebieten, Überflutung dieser Märkte mit westlichen Waren bei gleichzeitiger Binnenabschottung) erhalten. Im Fazit: afrikanische Arbeit ist nur insofern von Bedeutung, als dass sie der eigenen Wirtschaft dienlich ist.

Schon Außenminister Walter Steinmeier (SPD) missversteht in seiner Eröffnungsrede[2] die wirkliche Lage in Afrika und die historisch schon immer missverstandene Definition von Kapitalinvestitionen vor Ort:

"Nach den Wachstumsraten, die seit zwei oder drei Jahren relativ stabil sind und sich in diesem Jahre offensichtlich so fortsetzen, können wir mit einem soliden Wirtschaftswachstum des afrikanischen Kontinents von im Durchschnitt immerhin 5 bis 6 Prozent rechnen. Ich weiß, dass ein Großteil dieses Wachstums auf die hohen Rohstoffpreise zurückzuführen ist. Ich weiß auch, dass die Gründung von Wachstum nur auf Ausbeutung von Rohstoffressourcen seine eigenen Probleme mit sich bringt. Wirtschaftlich gesehen zeigen die Fakten: Afrika ist (...) für private Investoren interessanter geworden, zumal für asiatische und insbesondere für Investoren aus China. (...) Nur wenn es gelingt, dass ausländisches Kapital und ausländisches Know-how nach Afrika kommen, werden wir Armut auf diesem Kontinent wirksam und nachhaltig bekämpfen können."

Die vergangenen 250 Jahre haben zwar gezeigt, dass der größte Armutsagitator ausländische Kapitalstrategien gewesen sind[3] - dazu jedoch schweigt der Minister und hebt lieber die Bedeutung hervor, dass Deutschland "immerhin" 15 Millionen Euro für die Afrikanische Union bereitgestellt habe. Ein Betrag, der angesichts der Lage in Afrika zynisch bis lächerlich wirkt, als dass daraus neue Konstruktivismen entstehen könnten. Die (sehr) kurze Rede besticht eher durch Paraphrasierung und Enthaltsamkeit von strukturell Konkretem für die Arbeit vor Ort. Darüber hinaus wird nicht ein einziges Mal wirklich über die von der SPD maßgeblich vorangetriebene Reduktion ausländischer Mitarbeiter bzw. deren vollständigen Abzug gesprochen oder hervorgehoben, dass gerade diese Partei Entwicklungspolitik durch Haushaltskürzung in vielen Bereichen schlichtweg zunichte gemacht hat.

Die FDP in Gestalt von Marina Schuster spricht über ihre Form der Zusammenarbeit schon klarer:

"(...) leider besteht der Eindruck, dass schon innerhalb der Bundesregierung die rechte Hand nicht immer weiß, was die linke tut. (...) Die Bundesrepublik hat das vorhandene wirtschaftliche Potenzial in vielen Ländern Afrikas verschlafen, obwohl Deutschland insgesamt ein angesehener Partner ist. Ich meine, die Bundesregierung muss sich stärker als bisher für eine Verbesserung der Bedingungen für Investitionen deutscher Betriebe und Unternehmen in Afrika einsetzen (...).Die Rückzugspolitik, die wir bei den Botschaften in Afrika unter Rot-Grün erlebt haben, war - das muss deutlich gesagt werden - verheerend."

Wirklich bedrückend an ihrer Rede war der Punkt, dass man ihr zur Auslegung bilateraler Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und Afrika nur 6 Minuten Redezeit eingeräumt hat...

Eckhardt von Klaeden (CDU/CSU) spricht von einer Abkehr des "altruistischen Paternalismus", dem Ende der Barmherzigkeit (womit wohl die gescheiterte Entwicklungspolitik des BMZE oder der Welthungerhilfe gemeint sein muss) um gleich darauf Deutschlands strategische Perspektiven für Afrika zu umreißen: erstens Frieden, um sich nicht im eigenen Land mit afrikanischen Flüchtlingen beschäftigen zu müssen oder mit Terroristen (dafür hilft die BRD, ein Zentrum in Algier/ Algerien zu bauen), zweitens die Verstärkung neoliberaler Strukturanpassungen (Umsetzung der Globalisierung), um drittens die Rohstoff- und Ressourcensicherheit für Deutschland zu garantieren, um sich von Russland und dem Nahen Osten unabhängiger zu machen. Weiter gibt er den afrikanischen Staaten als Angehöriger einer regierenden Partei eine klare Absage auf ein baldiges Exportieren ihrer Waren auf europäische Märkte. Stattdessen sollen sich diese Staaten eher damit beschäftigen, (mal wieder) alleine klar zu kommen. Und letztlich verkennt er auch deutsche Kolonialgeschichte und übersieht schlichtweg lokale Situationen in Staaten ehemaliger deutscher Kolonialinteressen wie Namibia, Togo oder Tansania. Der außenpolitisch wichtigste Punkt scheint für die CDU/CSU darin zu liegen, dass Deutschland Afrikas Stimmen vor allem in Gremien wie der Generalversammlung der UN benötige, jedoch nur als "numerische Partner" (hier sei an die Initiative erinnert, Deutschland einen Platz im Sicherheitsrat der UN zu beschaffen):

"Deutschlands Ansehen ist höher als das vieler anderer europäischen Länder, die immer noch mit ihrer kolonialen Vergangenheit in Verbindung gebracht werden. Dieses Ansehen sollten wir im Interesse Afrikas, im Interesse Europas und nicht zuletzt auch in unserem eigenen Interesse nutzen. (...) Dabei sollten wir die afrikanischen Staaten ermuntern, sich stärker dem Aufbau regionaler Märkte zu widmen, als primär auf den notwendigen, jedoch nur mühsam zu erreichenden Abbau von Handelsbarrieren der industriellen Welt zu warten. (...) Der zweite Punkt ist die Gestaltung der Globalisierung. Wir dürfen angesichts der internationalen Wirtschafts-, Finanz-, Umwelt-, Klima- und Sicherheitspolitik nicht vergessen: Afrika besitzt in internationalen Organisationen eine große Macht schon allein deswegen, weil es mit seinen über fünfzig Staaten ein hohes numerisches Gewicht in multilateralen Organisationen und Institutionen einzubringen hat, in denen das Prinzip "One Country, One Vote" gilt. Der dritte Punkt betrifft die Rohstoff- und Ressourcensicherheit. Auch daran haben wir ein eigenes, elementares Interesse; denn wir legen Wert auf Diversifikation, und wir wollen unsere Abhängigkeit von Russland und auch von der notorisch instabilen Region des Nahen und Mittleren Ostens verringern. Dazu bietet sich ein Engagement in Afrika an (...).In diesem Zusammenhang ist beeindruckend, was China in Afrika macht. Das ist aber auch ein Warnsignal (...)."

Einzig Hüseyin-Kenan Aydin von der Linken findet klare Worte für die Arbeit bundesrepublikanischer Afrikapolitik. Jedoch glänzt auch die Linke im Umkehrschluss durch parlamentarische Konzeptionslosigkeit.

"Die Politik der G 8, darunter jene der Bundesregierung, trägt nicht wirklich zu dauerhaften Konfliktlösungen bei. (...) Wenn Sie von Afrika sprechen, dann meinen Sie immer die Herrschenden in Afrika. Die kommen mit den neoliberalen Programmen der Weltbank und des IWF ganz gut klar. Denn häufig genug sind es Konsortien von afrikanischen und transnationalen Unternehmen, die von der erzwungenen Privatisierung des afrikanischen Staatsvermögens profitieren. (...) So erfahren wir, dass der Innen-Staatssekretär Hanning mit den Geheimdiensten Algeriens gemeinsame Vereinbarungen zur Abwehr afrikanischer Flüchtlinge trifft. Leider erfahren wir nichts darüber, wie die humanitäre Situation der Flüchtlinge in den nordafrikanischen Lagern verbessert werden soll, geschweige denn, wie man endlich den Tod von Tausenden Afrikanern verhindern will, die von Woche zu Woche - vielleicht gerade in diesem Augenblick - auf hoher See ertrinken. (...)Fortschritte sind dort zu verzeichnen, wo die Entwicklungspolitik in der Praxis die Auswirkungen neoliberaler Strukturanpassungsprogramme bekämpft. (...) Die vorgelegte EU-Strategie für Afrika setzt einseitig auf die Förderung privater Investitionen - als wenn das allein schon irgendetwas für die Bevölkerungsmehrheit bringen würde! (...) Gestern lag hier im Bundestag ein Antrag der Linken zur Ratifizierung des IAO-Übereinkommens über Heimarbeit vor. Dieses Übereinkommen soll die Regierungen in Entwicklungsländern dazu verpflichten, Mindeststandards einzuführen und wenigstens den Mutterschutz zu gewähren. Doch die Regierungsfraktionen stimmten dagegen."

Kerstin Müller von Bündnis 90/ Die Grünen tut ganz so, als wäre ihre Partei nicht maßgeblich Schuld an jahrelang verschlafener bzw. sich weitaus verschlechterter Entwicklunspolitik. Dass unter der Regierungsbeteiligung dieser Partei ganze Botschaften geschlossen, Gelder gekürzt oder bilaterale Zusammenarbeit schlichtweg aufgekündigt wurden, taucht im Standpunkt der Grünen nicht auf. Die Partei versucht sich in einen oppositionellen Dornröschenschlaf aus der Zeit vor 1998 zurückzudefinieren. Angesichts siebenjähriger Machtausübung haben die Grünen in dieser Zeit wirklich eines von den bisher an Regierungen beteiligten Parteien gelernt: das Zurückweisen von nicht oder falsch wahrgenommenen Eigenverantwortungen, um sich im wirkungslosen Parlamentsreglement einseitig von der eigenen Arbeit zu distanzieren:[4]

"Bei allem, was China oder die Amerikaner oder Vertreter anderer Kontinente da machen, hat Afrika an Europa, an die Europäer immer noch die höchsten Erwartungen und die größten Hoffnungen. Das Problem ist, dass die Europäer - auch wir Deutsche - diese Chance nicht begreifen. (...) Immerhin reden wir alle jetzt - auch heute hier - von Partnerschaft: der Außenminister, die Kanzlerin. Vor allem der Bundespräsident hat sich der Sache angenommen. Das heißt, bei unserem Blick auf Afrika hat sich etwas getan. (...) Wann sehen wir einen konsequenten Abbau der europäischen Agrarsubventionen, durch die die afrikanische Landwirtschaft ruiniert wird? Wann gibt es eine Änderung der EU-Fischereipolitik (...), durch die die Fischer Westafrikas arbeitslos gemacht werden? Mit unserer eigensüchtigen Agrar-, Fischerei- und Welthandelspolitik konterkarieren wir die Entwicklungspolitik in afrikanischen Staaten. (...) Wir tun das eben nicht mit dem Abbau dieser verheerenden Subventionspolitik, sondern mit einer aufgerüsteten EU-Grenzschutzagentur und mit neuen Verfahren zur Abschiebung. (...) Wo ist zum Beispiel das Wirtschaftsministerium? Hier liegen jetzt Chancen."

Welch wirkungslose Arbeit de facto und per definitionem deutsch-staatliche Entwicklungspolitik momentan darstellt, führt letztlich Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) aus. Es geht dabei primär um teure Konferenzunterstützung afrikanischer Eliten, um wirkungslose Protokollabsegnungen fragwürdiger Staaten und die institutionelle Abstimmung zur Legitimierung des kapitalen Welthandels. Es manifestiert nur den Eindruck, dass sich in diesem Ministerium seit den 1960er Jahren nichts getan hat und es mittlerweile wirklich egal ist, ob CDU oder SPD dieses Sektorat als verlängerten Arm deutscher Wirtschaftsinteressen missbrauchen:

"Unser Ministerium unterstützt das Konferenzsekretariat, das diese Konferenz [Internationalen Konferenz Große Seen, Anm. d. Verf.] leitet, die die Themen Wirtschaft, Sicherheit, Menschenrechte sowie Energiefragen behandelt. Wir setzen dazu beratend unsere Entwicklungszusammenarbeit ein. (...)Unser Ministerium trägt mit dazu bei, dass das Protokoll zur Eindämmung der illegalen Rohstoffausbeutung unterschrieben und damit der illegalen Rohstoffausbeutung ein Ende gesetzt wird. Das sind doch praktische Erfolge, die wir nicht selber kleinschreiben dürfen. (...) Afrika braucht breitenwirksames Wachstum, damit in den unterschiedlichen Ländern, die es in Afrika gibt, auch Arbeitsplätze geschaffen werden. Dabei geht es um dreierlei: Erstens geht es darum, mehr Transparenz bei der Produktion in den erdölfördernden Ländern zu verwirklichen. Zweitens geht es darum, Länder wie Ghana und Tansania, die als Topreformer wirklich hervorragende Leistungen aufweisen können, zu unterstützen. Drittens muss den kleineren Entwicklungsländern dabei geholfen werden, ihre Märkte durch regionale Kooperation auszuweiten."

Als Fazit aller Parteien kann zusammengefasst werden, dass es nie um die veränderte Sichtweise eines neuen Menschenbildes in Afrika gegangen ist und niemals gehen wird, geschweige denn um eine Sichtweise, die die eigenreflektorischen Definitionen von Leben und sozialem Wirtschaften der Afrikaner vor Ort umfasst. Eurozentrismus und industrielles Lebenswertegefühl im neoliberalen Gewand, für welche viele afrikanischen Staaten sich gar nicht eignen, werden als einziges, althergebrachtes Allheilmittel den Staaten vorgesetzt: macht es oder bleibt draußen. Wenn es sich um "den Menschen" in Afrika handelt, handelt es sich weiterhin nur um die Ausarbeitung struktureller Maßnahmen zur Forcierung wirtschaftlicher Eingleisigkeit, anstelle über Methoden des "dritten Weges" nachzudenken (Einbindung der Menschen vor Ort). Der Westen bleibt bei der oberflächlichen Sichtweise homogener Staatsapparate, ohne ethnische Diskurse und daraus resultierende Abhängigkeitsverhältnisse einfließen zu lassen - dies wäre, wie im Falle Ruandas 1995 oder im Sudan 2006/07 eine Einmischung in innerstaatliche Angelegenheiten, die letztlich bilaterale Handelsbeziehungen der Post-Krisenphase schmälern könnten (schon jetzt wird rein wirtschaftlich wieder Ruanda in den Mittelpunkt gerückt).

Das deutsche Parlament und dessen Untergremien machen es sich zu einfach, Afrika in Nord- und Subsahara zu unterteilen und weiterhin an einem metatheoretischen Volkswirtschaftsglauben im Sinne von Weltbank und IMF festzuhalten (bei welchem Ian Smith maßgeblich mitgestaltet hat). Jede Statistik über afrikanische Sozialproblematik zeigt ein ganz anderes Bild über alle Staaten Afrikas: die industrielle Zange, die der Westen seit dem Erwachen industrieller Wirtschaftspolitik auf diesen Kontinent angewendet hat, hat nur die Dualisierung und Polarisierung sowie die Entfremdung der Menschen vor Ort mit sich gebracht und bleibt die einzige, funktionierende Strategie der industriellen Staatengemeinschaft.

Mit pessimistischer Neugier kann jetzt schon auf die Ausschussarbeiten der verschiedenen Bundestagsressorts gewartet werden, die genau diese oben dargestellten Kernpunkte weiter vertiefen werden im Sinne der Worte des ehemaligen ugandischen Diktators Adi Amin: "Es gilt, was nützlich ist".

Anmerkungen:

[1] Vgl. www.bpb.de - Quelle.

[2] Die folgenden Zitate von Ministern und Ministerinnen und Parlamentsabgeordneten sind dem Bundestagsprotokoll der Drucksache 16/ 4414, Tagesordnungspunkte 25 a bis c der Bundestagsdebatte vom 2. März 2007 entnommen.

[3] Vgl. v.a. Hannah Arendt: Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft, München 2000, Kap. 7: S. 405- 471 und Karl Marx: Das Kapital, Berlin 1962 (MEW 23), Band 1, Kap. 7, S. 226- 237.

[4] Vgl. Hans Peter Trojek und Julia Knobloch: "Kontinent der Krisen - die dunklen Seiten Afrikas" (TV- Sender Phoenix, 2006).

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https://sopos.org/aufsaetze/464119f410fa9/1.phtml

sopos 5/2007