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 Bemerkungen  Strömende Gewinne Nicht von  ungefähr sind es die Energiekonzerne, bei denen ausgediente Politprominente,  die sich als »wirtschaftsfreundlich« bewährt haben, mit schönem Salär  untergebracht werden: Diese Branche kann sich solche Dankbarkeit leisten. Aus  dem Massenverkauf von Strom und Gas wachsen Extraprofite, die Nachfrage ist  garantiert, der »Markt« kann hier nicht einbrechen, selbst die zunehmenden  Armutsschichten in der Bevölkerung brauchen Energie. Jetzt hat eine von den Grünen in Auftrag gegebene Studie  die Preispolitik der Energiekonzerne kritisiert und mehr Wettbewerb im  Strommarkt gefordert. Ist den Kunden damit geholfen? Nein, sagt Holger  Krawinkel, Energiefachmann beim Dachverband der Verbraucherzentralen, auch bei  mehr Anbieterkonkurrenz sei eine durchgängige Entlastung der Haushalte von zu  hohen Stromkosten nicht zu erwarten. Denn der Preis für den Strom wird über die  Börse so gebildet, daß er dem teuersten Kraftwerksprodukt entspricht, und mit  Strom aus längst abgeschriebenen Kohle- oder Kernkraftwerken können die  Konzerne Sondergewinne in großem Umfange verbuchen. Droht ein Preisverfall,  wird das Angebot künstlich verknappt. Alternativanbieter, denen die Gunst der  Grünen gilt, können an diesem Machtblock nur ein bißchen kratzen, sie bringen  ihn nicht ins Wanken.
 Krawinkel: »Nur mit einer Änderung der  Eigentumsverhältnisse in der Energiebrache können die Verbraucher wirksam vor  überzogenen Preisen geschützt werden.« Aber welcher Minister oder aufstrebende  Parlamentarier will sich schon die Aussicht auf ein Altenteil bei den  energischen Unternehmen vermasseln?
 Peter Söhren
   Einheitsgewerkschaft»Vor enormen  Herausforderungen« befinde man sich, teilte der Vorsitzende der IG  Bergbau-Chemie-Energie (BCE), Hubertus Schmoldt, seinen  Gewerkschaftsmitgliedern zum Neuen Jahr mit. Eine davon: Im Jahre 2009 wird  ständig gewählt, und Schmoldt wünscht, daß die GewerkschafterInnen richtig  wählen. »Eine Einheitsgewerkschaft kann und wird keine Wahlempfehlung für eine  Partei abgeben«, schreibt er im IG-BCE-Blatt. Aber: »Von den Rändern kann die  Erneuerung der sozialen Marktwirtschaft nicht kommen, Populismus löst keine  Probleme.« Ob alle BCEler verstanden haben, was Schmoldt damit meint? Zur  Nachhilfe erläutern wir: Der Einheitsgewerkschaftsvorsitzende hat einen ganz  bestimmten »Rand« im Sinn. Er will vor der Wahl der Linkspartei warnen. Damit  empfiehlt er ja wirklich nicht direkt, welche Partei man wählen soll, aber wer  Schmoldt folgt, hat nur die Wahl zwischen SPD und Union, denn daß er die Grünen  und die FDP nicht mag, weiß das Mitglied seiner Gewerkschaft längst. Empfohlen  wird demnach eine Stimmabgabe für die Große Koalition. Ganz  einheitsgewerkschaftlich.Arno Klönne
   Über Seite 89 hinaus Seit Beginn  des Wintersemesters nehme ich am »Kapital«-Lesekreis an der  Humboldt-Universität Berlin teil, den der Sozialistische Deutsche  Studierendenbund initiiert hat. Schon im letzten Sommer, als pfiffige Zeitungen  den Finanzcrash voraussagten, wollte ich mir das dicke blaue Buch von Marx mal  wieder vornehmen (vor gut 25 Jahren war ich immerhin bis zur Seite 89 gelangt).  Aber es blieb bei dem guten Vorsatz. Da las ich im Herbst von dem geplanten  Lesekreis.Wie überrascht war ich, als sich bei der  Eröffnungsveranstaltung gut 300 Interessierte in einen Hörsaal drängten.  Studenten, Berufstätige, Arbeitslose, Junge wie Alte waren begierig zu  erfahren, was Karl Marx vor mehr als 150 Jahren über die Ursachen  kapitalistischer Wirtschaftskrisen geschrieben hatte. Fünf Gruppen wurden gebildet,  für die erste Sitzung sollten wir lediglich das Vorwort lesen.
 Mittlerweile sind wir weit über meine 89 Seiten hinaus. Ich  staune über den tiefen Ernst und die hohe Konzentration der jungen Menschen um  mich herum, ihr unbedingtes Verstehen- und Begreifen-Wollen. Abschnitt für  Abschnitt eignen wir uns den Text an, unterhalten uns darüber, was uns beim  Lesen zu Hause besonders ins Auge gestochen hat oder was wir nicht verstanden  haben. Manchmal – vor allem, wenn alle 28 Teilnehmer unserer Gruppe anwesend  sind – bilden wir noch Untergruppen, dann können auch die Schüchternen zu Wort  kommen. Der Eine steuert eine Information aus seinem Geschichtsstudium bei, der  Andere eine aus der bürgerlichen Ökonomie, der Dritte aus dem Alltagsleben.  Begeistert folge ich der Diskussion.
 Wenn ich tagsüber Nachrichten mit den schwarzen  Wirtschaftsprognosen höre, die immer mal wieder einen Staatsbankrott  voraussagen, nehme ich das dicke blaue Buch zur Hand und bereite mich auf die  nächste Sitzung vor. Mir ist, als hätte ich einen Lichtschalter angeknipst! Und  der Lesekreis erscheint mir manchmal als ein Stück praktizierter Utopie –  allein, wie wir uns gegenseitig helfen, die Marxsche Theorie zu verstehen. Wir  schaffen durch das gemeinsame Studium des »Kapitals« zwar nicht das Kapital,  den Kapitalismus und das korrupte Bankensystem ab. Aber wenn wir die Krise erst  einmal erklären können, sollte es dann nicht unsere nächste Aufgabe sein, ihre  Ursachen zu beseitigen?
 Christa Weber
   Was den Wohnungslosen hilft Im Frankfurter  Club Voltaire wurde eine Ausstellung mit Fotografien von Obdachlosen und  Gedichten von Brecht eröffnet. Das Thema ist hochaktuell, da mit zunehmender  Armut und steigenden Mietpreisen die Gefahr wächst, daß immer mehr Menschen auf  der Straße landen – wobei freilich meist auch andere Gründe mitwirken. Den  Menschen, die auf der Straße oder in den dafür bereitstehenden Heimen leben,  ihre Würde zu lassen, aber ihre elende Situation nicht zu beschönigen, ist  Absicht von Jutta Hilscher, Martin Hofmann, Jürgen Malyssek und Klaus Störch,  die die Ausstellung geschaffen haben.Brechts Gedicht »Die Nachtlager« benennt in noch heute  gültiger Form die Relation von sozialer Arbeit (man könnte ergänzen: von  sozialen Reformen überhaupt) und einer Änderung der Verhältnisse. Es geht um  die Beschaffung von Quartieren für Obdachlose in New York: »Die Welt wird  dadurch nicht anders / Die Beziehungen zwischen den Menschen bessern sich nicht  / Das Zeitalter der Ausbeutung wird nicht verkürzt / Aber einige Männer haben  ein Nachtlager…« Das kann und soll als Bestätigung des Werts karitativer Hilfe  verstanden werden. Aber Brecht beläßt es nicht dabei. Er fordert die Leserin  und den Leser auf, das Buch noch nicht niederzulegen, und wiederholt seine  Verse in umgekehrter Reihenfolge, so daß sich ein anderer Sinn ergibt:  Sozialarbeit und ein paar Reformen genügen nicht, das Zeitalter der Ausbeutung  wird dadurch nicht verkürzt.
 Klaus Störch und Jürgen Malyssek präsentieren im Rahmen der  Ausstellung am 13. Januar um 19.30 Uhr ihr Buch »Wohnungslose Menschen –  Ausgrenzung und Stigmatisierung«, das im März bei Lambertus erscheinen wird.  Näheres im Internet unter www.club-voltaire.de und www.kunstgesellschaft.de
 R. D.
   Formaldeutsche Peter Ramsauer,  Sprecher der CSU-Landesgruppe im Bundestag, engagiert sich als  Kriminalitätsforscher. In der Kriminalstatistik, so schlägt er vor, solle bei  Tätern oder Tatverdächtigen nicht nur die Staatsangehörigkeit, sondern auch die  »Herkunft« registriert werden, denn nachdem »Ausländer« durch die Zuerkennung  der Staatsbürgerschaft »formal Deutsche geworden« seien, lasse sich  »Ausländerkriminalität« nicht mehr wirklich erfassen. Aber reicht das? Müßte  man bei tatsächlich oder möglicherweise Kriminellen, die im Freistaat Bayern  geschnappt werden, nicht auch eine etwaige Herkunft aus anderen Bundesländern  statistisch erheben, um die Formalbayern von Echt-Originalbayern unterscheiden  zu können?M. W.
   Kummer mit der Heimatfront Generalmajor  Reinhard Kammerer, zur Zeit für die Aufstellung von Bundeswehr-Heereseinheiten  für Auslandseinsätze verantwortlich, hat eine psycho-strategische Schwachstelle  entdeckt: Manche jungen Soldaten, so sagte er der Nachrichtenagentur ddp, würden sich gern zur Verwendung auf  dem Balkan oder am Hindukusch melden, aber dann zeige sich eine »weiche  Flanke«: das private Umfeld. Speziell der Kampf in Afghanistan werde »von  weiten Teilen der Bevölkerung nicht mitgetragen«. Ja, so kann durch  bedenkentragende Angehörige, Freundinnen oder Freunde die Einsatzbereitschaft  des Militärs geschwächt werden. Was ist da zu tun? Abschaffen läßt sich das  »private Umfeld« nicht. Also soll die Politik eingrei-fen, meint Kammerer. Zur  Volksaufklärung. Also vorwärts, Reservisten im Bundestag! Musik!Marja Winken   Journalistensterben in Mexiko Die mutige  Aufklärungsarbeit des nicht gewinnorientierten kanadischen Kollektivs Global Research (The Centre for Research on  Globalization) ist mittlerweile unabdingbar für eigenständigen,  mainstream-fernen Journalismus, besonders auf den amerikanischen Kontinenten.  Die Beiträge hochqualifizierter Autoren wie Michel Chossudovsky oder William  Engdahl öffnen einen umfassenden, kritisch-analytischen Zugang zur Realität der  armen Länder.Kompetenz und Engagement des Kollektivs finden Anerkennung.  Zu den zahlreichen Auszeichnungen der globalen Rechercheure gesellte sich im  Dezember der »Erste Preis für die beste Recherchen-Website«, vergeben vom  Mexikanischen Presse-Club.
 Der Preisverleihung fand starke Beachtung – nicht nur wegen  etlicher prominenter Teilnehmer. Tagesthema war nämlich die Pressefreiheit in  Mexiko, dem Staate, der in seiner neueren Geschichte von unablässiger, auch  gewaltsamer US-amerikanischer Einflußnahme und Aggression mehr gezeichnet wurde  als jeder andere. Die aktuelle politische, wirtschaftliche und kulturelle  Identität des strukturschwachen Landes ist zunehmend bedroht, vor allem durch  die wirtschaftliche Einbindung in die nord-amerikanische Freihandelszone NAFTA  (USA, Kanada, Mexiko) wie auch durch die US-Hörigkeit seiner Oligarchien. Diese  werden augenblicklich von der Regierung Calderón vertreten, die unter ähnlich  fragwürdigen Umständen zustande gekommen ist wie diejenige des Präsidenten Bush  II.
 Wie in allen US-orientierten Staaten haben auch in Mexiko  diejenigen Medien einen schweren Stand, die sich um unabhängige, unbequeme  Information bemühen. In seiner Dankrede führte Michel Chossudovsky aus, daß in  Mexiko in den letzten acht Jahren 45 Journalisten ermordet wurden. Alle waren  Unabhängige (»unembedded«), die sich eigenständig kritisch mit nationalen  Kontroversen beschäftigt hatten, auch mit der undurchsichtigen Drogenpolitik  der Regierung. Die unabhängige Nachrichtenagentur Adital präzisierte, daß in den vergangenen 25 Jahren 80  Journalisten umgebracht wurden, größtenteils in der Amtszeit des  Christdemokraten Vicente Fox (2000–2006) und seines ebenfalls USA-nahen  Nachfolgers Felipe Calderón (seit 2006). Weitere zehn Kollegen gelten als  vermißt, das heißt: Niemand weiß, wo und wie sie zu Tode kamen.
 Eigenartig ist, wenn auch auf ihrer gewohnten Linie, daß  die mexikanische Sektion der »Reporter ohne Grenzen« ernsthaft angeregt hat,  bedrohten mexikanischen Journalisten ausgerechnet US-amerikanisches Asyl  anzubieten. Zur Umerziehung? Oder wozu? CIA-Käfighaltung?
 Wolf Gauer
   Chomskys Interventionen  Der 2004 im  Oktober mit dem Carl-von-Ossietzky-Preis geehrte Linguistik-Professor Noam  Chomsky, der international bekannteste Intellektuelle der USA, ist seit vielen  Jahren als scharfer Kritiker des politischen Systems seines Heimatlandes  hervorgetreten. In den jetzt zusammengefaßten 53 Texten, die in den Jahren 2002  bis 2007 als Zeitungskolumnen erschienen, legte er den Finger auf die Folgen  der US-amerikanischen Außenpolitik. Dabei scheute er sich nie, Themen anzusprechen,  die in den tonangebenden Medien tabuisiert sind.Gerd BedszentZum großen Teil richten sich die Texte gegen die  Interventionen des US-Militärs in Afghanistan und im Irak – Plädoyers für das  Selbstbestimmungsrecht eines jeden Volkes. In anderen Beiträgen beschreibt er  die katastrophalen Folgen der von den USA unterstützten Politik Israels in den  besetzten Palästinensergebieten, benennt Kriegsverbrechen des israelischen  Militärs im Libanon und im Gazastreifen.
 Das Buch ist besonders zu empfehlen, weil viele von Chomsky  präsentierte Fakten und Zitate inzwischen wieder im Orkus unseres sogenanten  Informationszeitalters verschwunden sind, zum Beispiel Einzelheiten der  Vorgeschichte des jüngsten Krieges gegen Irak, der bisher schon über eine  Million Menschen das Leben gekostet hat. Ein weiterer Text erinnert an den  unerklärten Krieg, den die USA in den 1980er Jahren gegen das sandinistische  Nicaragua führten. An den Folgen krankt das zweitärmste Land Mittelamerikas  noch heute.
 Chomsky entlarvt anhand solcher Beispiele die Phrasen  US-amerikanischer Politiker. Solange US-Militär auf fremdem Boden steht,  solange in US-Gefangenenlagern (nicht nur Guantanamo) gefoltert wird, solange  die USA brutale Unrechtsregime politisch und wirtschaftlich unterstützen, so  lange können Chomskys Interventionen gegen die interventionistische Politik  seines Heimatlandes nicht weit genug verbreitet werden.
 Noam Chomsky: »Interventionen«, Edition Nautilus, 224  Seiten, 18 €   Auf geht’s – nach unten Volker Braun  hat mit seinem jüngsten »Machwerk« einen Schelmenroman unserer Zeit vorgelegt,  ein »Endbild großer Zeiten«. Aus der Perspektive »von unten« des Meisters Flick  von Lauchhammer, als Experte ein ehemals realsozialistischer homo faber,  breitet er die tragikomischen Aspekte des Niedergangs der Arbeitsgesellschaft  aus, die, durch das Ende des Realsozialismus beschleunigt, uns alle vor große  Fragen stellt: »Welche Arbeit hat denn Sinn? Wie ist sie unter allen zu teilen?  Was, überhaupt, produzieren? Wie, generell, beteiligen?«Susanna Böhme-KubyFlick, der unerschrockene Tatmensch aus der Niederlausitz,  einer Gegend, die »es hinter sich hat und verlassen wurde von den Mannschaften  und Maschinen«, agiert als moderner Simplizissimus Teutsch, der die  gesellschaftlichen Bedingungen, in denen er lebt und leidet, nicht durchschaut.  Wir folgen ihm durch vier Bücher, in 48 Kapitel unterteilt, von seinem ersten  Gang zum Arbeitsamt durch alle Tiefen, die nicht nur die neuen »Ein-€-päer«durchschreiten,  durch verschiedenste Milieus, die der Autor mit meisterhaftem Sprachwitz  skizziert. Zum Beispiel Flicks Einsatz als Kustos in den Berliner Kunstszenen  des »Hamburger Bahnhofs« und der Volksbühne oder sein Kampf gegen die  »eingewanderten Windräder«, vom IKEA-Werk in Polen bis zu den polnischen  Wanderarbeitern in Apulien und den glücklichen Arbeitslosen auf einer der  Kanarischen Inseln. Er fällt auch in die einstigen Grubenwerke seines  berühmteren, berüchtigten Namensvetters (über den andere Texte berichten:  »Nürnberger Akten oder rheinische Anekdoten und Börsenschwänke«). Und gelangt  an ein verrostetes Tor, über dem noch ein halber Sinnspruch steht: »ARBEIT  MACHT« – und »die Unterwelt tat sich auf«: In den Munitionsfabriken war für Arbeit  gesorgt, Flick packte an, »er heizte die Hölle, er hielt sie in Gang«. Erst  rückblickend erkennt er den Sarkasmus der Parole »ARBEIT MACHT FREI«.
 Bei den Tagelöhnern von Spandau hingegen macht Flick noch  jene »Urgesellschaft« aus, »in der man gleichsam die Arbeit, wenn sie  vorbeikam, wie eine Beute jagen und erlegen mußte«, und er kommt zu dem Schluß,  zur Reparatur einer großen Maschine müsse man wohl »das ganze System anhalten,  um den Fehler zu finden, und das Ding in seine Einzelteile zerlegen und neu zusammensetzen«.  Braun weiß jedoch: »Die Fragen überleben die Antworten wie der Hunger den Witz,  und für die Garküche der Zukunft sind keine Rezepte geschrieben.« Seine  Nachrede schließt illusionslos: »Nichts ist nahrhafter als begriffene Irrtümer:  so können sich Kannibalen sättigen, auf den Schlachtfeldern.«
 Unbedingt  lesen!
 Volker Braun: »Machwerk oder Das Schichtbuch des Flick von  Lauchhammer«, Suhrkamp, 221 Seiten, 19,80 €   Gegendarstellung In der Ausgabe  19/08 wurde in dem Artikel »Reichstagsbrandstiftung – Eine neue Kampagne« von  Wilfried Kugel behauptet, ich sei in dem Jahr 1951 als Leiter des  Polizeireferats im Niedersächsischen Innenministerium Vorgesetzter des Herrn  Dr. Zirpins gewesen. Außerdem wurde behauptet, ich hätte 1955 Herrn Dr. Zirpins  durch eine Intrige zum Leiter der Landeskriminalstelle Hannover gemacht. Ich  stelle hierzu fest: Herr Dr. Zirpins und ich sind 1951 als Referatsleiter im  Innenministerium von Hannover gleichgeordnete Kollegen gewesen. Auf die  Versetzung des Herrn Dr. Zirpins zur Landeskriminalstelle, die keine  Beförderung war, habe ich weder durch eine Intrige noch auf andere Weise  Einfluß genommen.RA Burkhart Person für Herrn Fritz Tobias   Press-Kohl Der  Ministerpräsident des Freistaats Bayern, Horst Seehofer, kennt sich wie seine  historischen Vorgänger Strauß, Goppel, Streibl, Stoiber mit dem Inhalt  heimatlicher Maßkrüge, Milchkannen und Dickschädel aus wie auch mit den  Schwierigkeiten der dortigen Sprache. Mit dem Hochdeutsch steht Seehofer aber  auf dem Kriegs- oder Pferdefuß. Vor Weihnachten schilderte er dem  bundesdeutschen Publikum verschiedene politische Probleme, die ihm auf den  präsidialen Nägeln brennen, und verkündete: »Das sind die wichtigsten vier  Punkte! Diese müssen alsbald umgesetzt werden!« Meinetwegen soll der Seehofer  seine vier Punkte alsbald umsetzen. Umsatz ist ja wichtig. Aber wohin?  *  Zum 100.  Geburtstag des französischen Komponisten Oliver Messiaen schrieb Peter Uehling (Berliner Zeitung): »... Während des  Musikfests wurden alle seine Orchesterwerke aufgeführt ... Organisten widmeten  sich dem Orgelwerk. Ganz so, als gehörte Messiaen ganz normal zu den großen  Komponisten dazu.« Der letzte Kernsatz kommt mir, man verzeihe, etwas  verschwommen vor. Durch folgende kleine Ergänzung hätte Herr Uehling seine  Würdigung noch würdiger machen können: »Ganz so, als gehörte Messiaen ganz  normal zu den großen Komponisten dazu zu.« Lesen Sie sich meinen Vorschlag laut  vor! Spüren Sie die erhabene Musik, die im dreifachen »zu – dazu – zu«  aufklingt?  *  Im oben  zitierten Blatt befaßt sich Torsten Knuf unter dem hübschen Titel »Falsch  operiert und richtig angesteckt« mit »Problemen bei jedem zehnten Patienten in  Europas Kliniken«. Man erfährt von einer Warnung der Gesundheits-Kommissarin  Adroulla Vassiliou: In etwa 110.000 Fällen trage eine Injektion »zumindest zum  Tod des Patienten bei«. Zumindest! Nun bin ich aber nicht der jeweils zehnte  Patient, sondern lasse mich immer erst als Siebzehnter behandeln. Mir passiert  nichts.Felix Mantel
 
 Erschienen in Ossietzky 1/2009 
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