Zur normalen Fassung

Die serbischen Tschetniks einst und jetzt.

Anmerkungen zur Geschichte der serbischen Rechten

von Max Brym

 

Seit einigen Jahren gibt es bei bestimmten deutschen „Linken“ einige absurde Vorstellungen zu den Vorgängen auf dem Balkan. Am peinlichsten wird es, wenn der aktuelle Konflikt um Kosova mit „historischen Argumenten“ unterlegt wird. Viele betreiben eine Geschichtsbetrachtung die mit der Realität nichts gemein hat. Besonders signifikant tritt dieser Realitätsverlust bei Autoren wie Jürgen Elsässer, Werner Pirker (Junge Welt) und Justus Wermüller (Bahamas) zutage. Es wird geglaubt, „die Serben kämpften gegen Hitlers Faschisten, während alle anderen auf der Seite der Nazis standen“. Deshalb betrachten sie alle Serben als progressiv, weil angeblich „nur die Serben gegen Hitler kämpften“. Bis heute werden Kroaten kollektiv mit der Ustascha gleichgesetzt und die Albaner mit der kleinen SS-Division Skanderbeg. Völlig ausgeblendet wird die reale historische und aktuelle Entwicklung, um am Schluß bei der Behauptung von guten und schlechten Nationen zu landen. Es wird einfach ignoriert: Es gab in der Zeit der Nazibesatzung Jugoslawiens zwei Marionettengebilde: Die Ustascha in Kroatien und das Regime des Generals Nedic in Serbien. Dennoch hat die philoserbische Haltung einiger deutscher „Linker“ reale Gründe. Die Gründe sind allerdings rein deutsch, demzufolge haben sie nichts mit objektiver Geschichtsbetrachtung gemein.

„Serbien muß sterbien“

Glänzend beschrieb Karl Kraus in den „Letzten Tagen der Menschheit“, den antiserbischen Rassismus beim deutsch- österreichischen Kleinbürgertum anläßlich des Kriegsbeginnes 1914. Im zweiten Weltkrieg wurde der antiserbische Rassismus weiterentwickelt. Ab 6. April 1941, verübten Wehrmachtseinheiten unvorstellbare Massaker in Serbien. Die Nazimilitärführung schickte bewußt alte Kader der österreichischen Armee auf den Balkan. Auch die Truppenbestände der Wehrmacht in Serbien, bestanden zu einem Drittel aus Österreichern. In Zagreb residierte der nazistische ehemalige K.U.K. General Glaise von Horstenau. In Serbien kamen u.a. die Generäle Hinghofer und Dinkelmann sowie der größte Schlächter General Böhme zum Einsatz. Allesamt ehemalige hohe Offiziere und Generäle der österreichischen Armee. Ihre rassistische Kampagne gegen die Serben war eine Mischung aus „Rache für 1918“ oder „moderner“ wir führen hier einen „unbarmherzigen Kampf gegen das jüdisch bolschewistisch serbische Verbrechertum“. Der nazistische Weltanschaungskrieg wurde zuerst in Serbien ausgefochten. Gleichzeitig war Serbien wirtschaftlich interessant. Serbien hatte hohe Kupfer, Nickel, Zink, Blei und Silbervorkommen. Die Göringsche Vierjahresplanbehörde, wollte zudem die Agrarproduktion zugunsten des „Altreiches“ und der Wehrmacht nutzen. Strategisch mußte der Balkan als Basis für den Kampf gegen die Sowjetunion gesichert sein. Mit relativ geringen Kräften wollte die Naziführung den Raum, da der Angriff auf Rußland bevorstand, absichern. Dabei stellte sich sofort die Frage nach kollaborationonsbereiten Kräften und nach einem ideologischen Schmiermittel um Kooperationsbereitschaft zu fördern.

Nazi Kollaborateure in Serbien.

Unmittelbar nach dem Angriff der Achsenmächte, begann Kosta Pecanac mit der Aufstellung einer bewaffneten Tschetnik Gruppierung (Tschetnik= Bewaffneter Haufen). Kosta Pecanac war im alten Jugoslawien Präsident des streng national, ultra konservativen Tschetnik Veteranenvereins. Ab 1932 leitete Kosta Pecanac die Organisation, die 1938 über etwa 1000 Sektionen mit insgesamt 500000 Mitglieder verfügte. In den zwanziger Jahren war die Organisation von Pecanac der Hauptgegner der Kommunistischen Partei. Seine Kräfte während der Nazibesatzung kamen aus diesem ideologischen Milieu. Bis zum Sommer 1941 stellte Pecanac im südlichen Serbien eine Gruppe von etwa 3.000 Mann auf, die im Winter 1941/42 auf 5.255 anwuchs und unter deutscher Befehlsgewalt stand. Seit dem Überfall auf die Sowjetunion ließ Pecanac öffentlich verkünden, dass seine Organisation keinen Widerstand gegen die deutsche Besatzungsmacht leisten werde und den Kampf gegen den Bolschewismus mitzuführen gedenke. Der deutsche Nazismus brachte bekanntlich den Bolschewismus generell mit den Juden in Verbindung und ließ im Rahmen der „Sühneaktion“ gegen Partisanenaktivitäten in Serbien ab Ende August 1941 hauptsächlich jüdische Geiseln erschießen. Es galt die Regel für einen getöteten deutschen Soldaten werden hundert Geiseln erschossen. Neben den Massakern an serbischen Zivilisten in den betroffenen Gebieten, hatte das Abschlachten der Juden auch den „Vorteil“, wie es in einem Bericht an das Außenministerium hieß, „die Nedic Gendarmen bei der Stange zu halten.“ Im Dezember 1941 gab es in Serbien keine männlichen Juden mehr und im Frühjahr 1942 war durch starke Eigeninitative der Wehrmacht die Judenvernichtung mit der Vergasung der Frauen und Kinder endgültig abgeschlossen. Stolz stellte SS-Gruppenführer Harald Turner gegenüber General Löhr im August 1942 fest: „Judenfrage, ebenso wie Zigeunerfrage völlig liquidiert“. Dagegen hatten die Kollaborateure nichts einzuwenden.

Zbor Bewegung und Dimitrije Ljotic

Die Zbor Bewegung unter Ljotic existierte schon vor dem Überfall auf Jugoslawien. Wegen der weitgehenden ideologischen Übereinstimmung mit den deutschen Faschisten, stellte sich Ljotic von Anfang an auf die Seite der Okkupanten. In der ersten Kollaborationsregierung unter Acimovic, war die Zbor Bewegung mit zwei Ministern vertreten. Nach Ausbruch des bewaffneten Aufstandes der kommunistischen Partisanen im August 1941, erhielt die Zbor Bewegung von der Besatzungsmacht das Recht zur Aufstellung bewaffneter Formationen. Auf dem Höhepunkt des antifaschistischen bewaffneten Aufstandes im September 1941, waren die Ljotic Verbände in 5 Bataillonen des sogenannten „Serbischen Freiwilligenkorbs (SDK)“ organisiert. Die Bataillone bestanden aus insgesamt 3.021 Soldaten und Offizieren (BA-MA RW 40/190,8 Lagebericht des Verwaltungsstabes beim Befehlshaber in Serbien 6.1.1942). Andere Teile der Zbor Bewegung wurden in die bewaffneten Formationen der Regierung Nedic eingegliedert. Am 28. August bildete sich unter Milan Nedic eine Kollaborationsregierung, die bis zur Befreiung Serbiens im Amt bleiben sollte. General Nedic war im alten Jugoslawien Verteidigungsminister und sah sich als „serbischer Petain“. In der Tat, das Regime konnte bezogen auf Justiz Verwaltung und Polizei fast alle Teile des alten serbischen Staatsapparates für sich nutzen. Besonders die Gendarmen leisteten den Nazis wertvolle Hilfe. Milan Nedic hatte auch Verbindungen zu Oberst Draza Mihailovic, der von den serbischen Geschichtsrevisionisten als „Widerstandskämpfer“ gegen die Besatzungsmacht ausgegeben wird. Diese aktuelle Tschetnik Legende der „Serbischen Radikalen Partei“ sieht in Draza Mihailovic einen aufrechten Patrioten, obwohl er 1946 wegen Kollaboration gehängt wurde.

Die Tschetniks des Draza Mihailovic

Oberst Draza Mihailovic, befehligte beim Überfall auf Jugoslawien als Stabschef eine motorisierte Division in Ostbosnien. Nach der Kapitulation Jugoslawiens am 17. April 1941, schlug er sich mit einem Teil seiner Truppe in einem mehrwöchigen Marsch in Richtung Serbien durch. Mitte Mai 1941, erreichte er sein künftiges Hauptquartier mit 7 Offizieren und 27 Soldaten in der Ravna Gora. Mihailovic sah sich als Vertreter der „Jugoslawischen Exilregierung“ und propagierte die passive Sammlung „patriotischer Kräfte“. Es steht unzweifelhaft fest, dass die Mihailovic Tschetniks bis September 1941 nicht gegen die deutschen Okkupanten gekämpft haben. Wohingegen die kommunistischen Partisanen, allein im August 1941, 242 Attentate verübten und dabei 22 Wehrmachtssoldaten töteten. Die Mihailovic Tschetniks warteten ab und gaben sich als Widerstandskämpfer aus. Dies bestätigen Berichte der deutschen „Abwehr“ vom Oktober 1941. Draza Mihailovic stand vollständig auf dem Boden der alten Tschetnik Ideologie. Er wollte ein großserbisches Reich errichten, welches neben „Zentralserbien“ auch Bosnien, Dalmatien, Herzegowina, Montenegro, die Batschka, den Banat, den Sandzak, etwa die Hälfte Kroatiens, Kosovo und einige rumänische und bulgarische Grenzgebiete umfassen sollte. Mit den übriggebliebenen Rest Jugoslawiens, wollten die Tschetniks eine Konföderation unter ihrer Führung eingehen. In den Einheiten des Oberst Mihailovic waren nur Serben organisiert. Diese nationalistische „Widerstandskonzeption“, mußte Mihailovic in scharfen Gegensatz zu den kommunistischen Partisanen unter der Führung des Kroaten Tito bringen. Die kommunistischen Partisanen wollten einen auf Gesamtjugoslawien bezogenen Widerstand, der keine Nation privilegiert oder diskriminiert. Zudem errichteten die Partisanen in den befreiten Gebieten nationale Befreiungsräte. Auch dies stand im Gegensatz zu Mihailovic, der die alten Strukturen und sozialen Verhältnisse garantiert wissen wollte. Im September 1941 hatten die Partisanen in Serbien eine Massenbasis und ihre militärischen Formationen fügten den deutschen Besatzern empfindliche Schlappen zu. Die abwartende Position von Draza Mihalovic war nicht mehr haltbar. Einige seiner Unterführer rebellierten gegen seine Passivität. Deshalb sah sich Mihailovic gezwungen, mit Tito eine oberflächliche Abmachung zu treffen. Ab Ende September kam es zu partiellen gemeinsamen bewaffneten Aktionen der Partisanen mit den „Draza- Tschetniks“ gegen die deutschen Besatzer und ihre offenen Kollaborateure. Die Hauptlast des Kampfes trugen allerdings die Partisanen. Während des Septembers und Oktobers, fügte der serbische Widerstand der Wehrmacht und den Polizei Bataillone schwere Niederlagen zu. Der massivste militärische Kampf fand im Oktober 1939 um Kraljevo statt. Die Wehrmacht rächte sich für die Widerstandsaktionen, indem sie ein Massaker unter den Einwohnern von Kraljevo durchführte. Dem Massaker vielen zwischen 4.000 und 5.000 Menschen zum Opfer. Dennoch trieb Mihailovic ein mieses Doppelspiel. Während ein Teil seiner Formationen mit den Partisanen kämpfte, unterhielt Mihalovic Beziehungen zu General Nedic. Er wurde sogar von Nedic mit Geld und Waffen versorgt. Gleichzeitig versuchte Mihalovic, mit dem Schlächter General Böhme in Verbindung zu treten. Böhme lehnte jedoch das Bündnisangebot von Mihailovic ab ( siehe OKW Südost Lageberichte September- Oktober 1941). Am 2.11.1941 führten Verbände von Mihailovic einen hinterhältigen bewaffneten Angriff gegen die Partisanenhochburg Uzice durch. Der Angriff konnte zurückgeschlagen werden und Mihailovic entging nur knapp einem vollständigen militärischen Desaster. Über den Verrat von Draza Mihailovic schrieb der Stab der Volksbefreiungs- Partisanenabteilung für den Kreis Cacak am 3. November 1941: „Die Fünfte Kolonne ist wiederum auferstanden. Die deutschen Agenten, Draza Mihailovic, Oberstleutnant Pavlovic, Dragisa Vasic, sind in letzter Stunde Hitler, Nedic und Ljotic zu Hilfe geeilt." Mihailovics Angriff auf das Hauptquartier der Partisanen in Uzice, bedeutete den endgültigen Abbruch der kurzfristigen Kooperation zwischen Partisanen und Tschetniks. Im Oktober 1941 kontrollierten die Partisanen und Tschetniks etwa 4.500 Quadratmeilen in Serbien, also mehr als ein Sechstel Serbiens. Durch den Verrat von Mihalovic, wurde der Widerstand zugunsten der deutschen Faschisten entscheidend geschwächt. In welch prekärer Situation sich die deutschen Besatzer im September und Oktober befanden, belegen auch die blutigen Massaker, die auf Befehl von General Böhme an serbischen Zivilisten durchgeführt wurden. Doch ab November 1941 gab es keine Kooperation mehr zwischen Partisanen und Tschetniks. Böhme verstand die Situation zu nutzen und drängte die Partisanen in die Defensive. Am 20. November 1941 einigten sich auf englischen Druck hin, Tito und Mihailovic darauf, ihre Feindseligkeiten einzustellen. In Erwartung eines deutschen Angriffes auf den Hauptstützpunkt der Partisanen in Uzice, forderte Tito den Cetnik Führer am 28. November noch einmal zu einer gemeinsamen bewaffneten Aktion auf. Mihalovic antwortete zynisch, „ich denke nicht daran, ich warte bessere Bedingungen für den Kampf ab“. Zur selben Zeit hatten schon einige Kommandanten der Tschetniks ihre Truppen, etwa 2.000 Mann, mit Zustimmung von Mihailovic dem Befehl von Nedic unterstellt. Diese Truppen kämpften wenige Tage später auf der Seite der Deutschen gegen die Partisanen. Ende November gelang es General Böhme, verstärkt durch eine deutsche Division und begünstigt durch die Haltung von Mihailovic, den militärischen Widerstand der Partisanen zu brechen. Die Partisanen flüchteten im Dezember 1941 über den einzigen noch offenen Rückzugsweg, in das von Italien besetzte Montenegro (Offiziell gehörte Montenegro zu Kroatien). Mit dem Rückzug aus Serbien nach Montenegro und später nach Bosnien, war die Partisanenarmee für Jahre aus Serbien vertrieben. Erst im Sommer 1944 gelang es ihnen wieder, in Serbien Fuß zu fassen und gemeinsam mit der Roten Armee im Herbst/Winter 1944, Serbien zu befreien. Es bleibt festzuhalten: Den Hitlerfaschisten gelang es erst im Winter 1941, mittels Terror und Mord Serbien zu „befrieden“. Es wurden unsägliche Grausamkeiten an serbischen Partisanen und Zivilisten verübt. Nach Estland war Serbien das zweite Gebiet, aus dem an das RSHA gemeldet werden konnte „Serbien ist judenfrei“. In Serbien lagen alle Maßnahmen im vollständigen Verantwortungsbereich der Wehrmacht. Es gab keine formale Aufteilung der Arbeitsbereiche zwischen SS, SD und Wehrmacht. Alles lief über den Tisch der deutschen Generäle. Da die Wehrmacht 1941 in Rußland stark gefordert war, setzte die Naziführung genau wie in Kroatien, auf kollaborationsbereite örtliche Bewegungen und Strukturen. Dabei wurde die Naziführung fündig.

Die weitere Entwicklung von Mihailovic

Nach der Niederlage der Partisanen, beschloß Mihailovic in Übereinstimmung mit der Nedic Regierung, die Tschetnik Abteilungen in Serbien zu legalisieren . Er stellte seine Einheiten komplett der Nedic Bande zur Verfügung. Von nun ab wurden die Tschetniks von der Regierung Nedic, offiziell mit Geld, Nahrung und Kleidung unterstützt. Gleichzeitig versuchte Mihailovic der britischen Regierung über seine Kanäle zu suggerieren, „er wäre der einzige Widerstandsführer in Serbien“. Von den deutschen Behörden erwartete Mihailovic geduldet zu werden, wegen seiner „Verdienste“ im Kampf gegen die Partisanen. Diese Rechnung von Mihailovic ging nicht auf. Die deutschen Faschisten liebten zwar den Verrat, aber nicht den Verräter. Am 6. Dezember 1941, griffen deutsche Soldaten das Hauptquartier von Mihailovic an. Mit einer kleinen Anzahl von Getreuen, zog er sich ebenso wie einige Tage vorher die Partisanen, nach Montenegro zurück. Die Komödie erreichte ihren Höhepunkt, als König Peter am 7. Dezember 1941 in London, Mihailovic zum Brigade General und Führer der „Jugoslawischen Heimatarme“ ernannte. Das Ganze war ein schlechter Hintertreppenwitz, denn Mihailovic hatte zu diesem Zeitpunkt keinerlei militärische Bedeutung. Erst im Sommer 1942 gewann Mihailovic in Montenegro und Herzegowina wieder Einfluß auf einige Tschetnik Gruppierungen. Dieser Einfluß kam umgehend den Faschisten zugute. Mihailovic verweigerte weiterhin Aktionen und Sabotageakte gegen die Deutschen und kollaborierte mit den Italienern bis zu deren Kapitulation im Herbst 1943. Nach Matl wurden von den Italienern etwa 19.000 Tschetniks mit Waffen beliefert. Ab dem Jahr 1944 kollaborierten Teile der Mihailovic Tschetniks offen mit den deutschen Besatzern und der Ustascha in Serbien und Kroatien. In Bosnien, der Hauptbasis der Partisanenarmee, kämpften kroatische Ustaschi und serbische Tschetniks mit den deutschen Truppen in vielen koordinierten Aktionen gegen die multinationale Partisanenarme von Marschall Tito. Die Situation war für Mihailovic zu Beginn des Jahres 1945 aussichtslos. Die britische Regierung und König Peter, hatten ihn wegen seiner zwielichtigen Rolle und seiner Kollaboration fallen lassen. Anfang April 1945 unterbreitete der deutsche General Löhr, Mihailovic das Angebot mit ihm über die österreichische Grenze zu gehen und sich den Briten zu stellen. Mihailovic lehnte das Angebot ab und entschloß sich mit etwa 12.000 Mann, den Durchbruch nach Serbien zu wagen, um die antifaschistische Regierung zu stürzen. Das Ganze war ein sinnloses Unterfangen, am 12. Mai 1945 wurden die Tschetnik Gruppen von der jugoslawischen Armee gestellt. Rund 9000 Tschetniks wurden in der Schlacht bei Kalinovic getötet. Mihailovic selbst konnte ein letztes mal flüchten. Erst im März 1946, wurde Mihailovic im serbisch bosnischen Grenzgebiet festgenommen. Mihailovic wurde im Juli 1946 von einem jugoslawischen Gericht zum Tode verurteilt und wenig später hingerichtet.

Serbischer Geschichtsrevisionismus und politische Praxis

Nach dem Tod Titos im Jahr 1980 erhob der serbische Chauvinismus und Geschichtsrevisionismus offen sein Haupt. Die Basis dafür war das wirtschaftliche Desaster indem sich Jugoslawien befand. In den achtziger Jahren hatten die jugoslawische Staatsverschuldung gegenüber internationalen Gläubigerbanken, die Marke von 20 Milliarden Dollar erreicht. In Jugoslawien folgte eine Geldentwertung der nächsten, der Reallohn der Arbeiter sank beträchtlich und die Arbeitslosigkeit stieg massiv an. Im Jahr 1988 war Jugoslawien das streikfreudigste Land in Europa, rund 1000 multinationale Streiks gegen „die Bonzen“ wurden gezählt. Die herrschende Bürokratie zerlegte sich, um ihre Privilegien zu bewahren, in ihre nationalen Bestandteile. Besonders die serbische Bürokratie griff auf das Programm der Tschetniks zurück. Der rote Bonapartist Tito, wurde als „Serbenfeind“ bezeichnet und die Geschichte völkisch uminterpretiert. Besonders Kosova hatte es den serbischen Nationalisten angetan. Milosevic sagte am 28. Juni 1989 aus Anlaß des sechshundertsten Jahrestages der Schlacht am Amselfeld vor einer Million Serben, die nach Kosova gekarrt wurden: „Zum ersten mal nach sechshundert Jahren sind die Serben in Kosovo wieder frei“. Damit erklärte Milosevic, unter Tito waren die Serben nicht frei, ja nicht einmal in der Zeit des großserbisch dominierten ersten Jugoslawiens. Selbstverständlich mußte, um die Serben in Kosova „frei“ zu machen, die Autonomie Kosovas gewaltsam aufgehoben und die Geschichte entsorgt werden. Entgegen aller Fakten wurden die Serben zum „Heldenvolk“ und alle anderen zu weniger wertvollen Nationen. Diese Geschichtsinterpretation wurde von einigen deutschen „Linken“ und Rechten vollständig übernommen. Deshalb hier nochmals einige Fakten zum antifaschistischen Widerstand in Jugoslawien.

Multinationaler Widerstand

Der Widerstand gegen die faschistische Besatzung Jugoslawiens war multinational. Darin lag die Stärke der Partisanenarmee Titos. Nach Statistiken des Generalstabes der Partisanenarmee, gab es auf dem Höhepunkt des Krieges Ende 1943 in Kroatien 122.000 aktive Partisanen, in Bosnien waren es 108.000, in Serbien 22.000. Natürlich waren viele Partisanen in Kroatien und Bosnien ethnische Serben. Viele waren auch Muslime, die von allen verfolgt wurden. Nur die Partisanen versprachen eine bosnische Republik, innerhalb der von ihnen befürworteten jugoslawischen Föderation. Der muslimische Klerus verurteilte auch die Verfolgung von Juden und Serben. Die bosnischen Muslime erlitten die größten Verluste pro Kopf von allen Nationalitäten in Jugoslawien. In Kosova fand vom 31. Dezember 1943 bis 1.Januar 1944 die Konferenz von Bujan statt. Die Konferenz erklärte: „Wenn das Volk in Kosova am antifaschistischen Widerstand teilnimmt, wird es das Recht erhalten, sich nach dem Sieg mit seiner Mutter Albanien zu vereinigen“. Unterschrieben wurde das Dokument u.a. von Miladin Popovic und dem Albaner Fadil Hoxha. Im Frühjahr 1945 kämpften 50.000 albanische Partisanen aus Kosova gegen den Hitlerfaschismus. Das Versprechen gegenüber den Albanern, hielt das titoistische Jugoslawien nicht. Dennoch war Tito druckempfindlich und Kosova erhielt 1974 einen autonomen politischen Status. Grundsätzlich war die jugoslawische Föderation ein großer Fortschritt für alle nichtserbischen Nationalitäten gegenüber dem alten Jugoslawien.

Querfront unter Milosevic

1989 schaffte Milosevic die verfassungsmäßige Autonomie des Kosova einseitig und wiedergesetzlich ab, damit wurde der Prozeß eingeleitet, der zum Ende Jugoslawiens führte. Milosevic gab sich als Sozialist aus, stand aber vollständig auf dem Boden der klassischen Tschetnik Ideologie. Seine Bündnispolitik mit erklärten Rassisten, wie Vojeslav Seselj (Serbische Radikale Partei) und mit Vuk Draskovic (Serbische Erneuerungsbewegung, die sich auf die Kirche, die Monarchie und die Tradition beruft) war kein Zufall. Wenn der Nationalismus zur dominanten Ideologie wird, bietet es sich unter Umständen an, den einen als Sozialisten, Monarchisten, „Jugoslawische Linke“ ( Partei der Milosevic Gattin und Partei der reichen Leute) oder als Rassisten und Faschisten im gemeinsamen Boot agieren zu lassen. Zur Einheit der Völker in Jugoslawien, trug der serbische Nationalismus keinesfalls bei. Im Gegenteil andere Nationalismen wurden befördert und internationale Einflußnahme ermöglicht. Selbstverständlich war das Ganze mit einem Blutbad verbunden.

Fazit

Wer sich in Deutschland mit der Entwicklung im ehem. Jugoslawien beschäftigt, sollte die Fakten kennen. Eine Solidarisierung mit rechten serbischen Parteien nach der Maxime, „Der Feind meines Feindes ist mein Freund“, muß grundsätzlich abgelehnt werden. Denn bei aller gerechtfertigten Kritik an der aktuellen deutschen Balkanpolitik, muß im Auge behalten werden, ohne die inneren Widersprüche im alten Jugoslawien, hätte eine deutsche Einmischung nichts bewirkt. Die serbischen Rechten haben in erster Linie Jugoslawien auf dem Gewissen. Bundesdeutsche und europäische Rechte wissen das sehr genau, es bestehen brüderliche Beziehungen zwischen Le Pen in Frankreich und der Seselj Partei seit 1997. Auch Herr Schirinowski aus Rußland, ist eng mit den serbischen Radikalen verbunden. Letztere wurden anläßlich der letzten Parlamentswahl in Serbien zur stärksten Partei. Das erfreute auch die „Deutsche Nationalzeitung“ und den „Kampfbund deutscher Sozialisten“. Wenn deutsche „Linke“ aus anderen Motiven wie die europäische Rechte, Milosevic und Seselj unterstützen, dann ist das ein sicherer Weg in den politischen Ruin. Wunschdenken, Wunschargumente und politische Esoterik sollten nicht zum Rüstzeug progressiver Menschen gehören.

 

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sopos 6/2004